Stuttgarter Zeitung: Glänzendes Gestern / Leitartikel zu SPD/Jubiläum
Geschrieben am 22-05-2013 |
Stuttgart (ots) - Von alter Stärke, die sie einst zur gleichzeitig
gesellschaftlich bestimmenden Kraft sowie zur mitglieder- und
stimmenstärksten Partei in Deutschland gemacht hat, ist die SPD weit,
weit entfernt. Die SPD schwächelt dabei nicht trotz, sondern gerade
wegen ihres großen geschichtlichen Erfolges: ihr ursprüngliches
Versprechen, in einer demokratisch und rechtsstaatlich verfassten
Gesellschaft dem Einzelnen unabhängig von Geschlecht und Elternhaus
den Weg zu sozialem Aufstieg zu öffnen, hat sich - im Großen und
Ganzen - erfüllt. Wenn Parteichef Sigmar Gabriel betont, die SPD habe
sich stets weniger als Partei der "kleinen Leute" denn als Partei der
"fleißigen Leute" verstanden, dann umschreibt er genau diesen
Aufstiegswillen. Die Mehrzahl dieser "fleißigen Leute" findet jedoch
heute ihre politische Heimat in anderen Parteien; und viele der
"kleinen Leute" empfinden spätestens seit der Agenda 2010 die SPD
nicht mehr als ihre Schutzmacht.
Die Grundsätze der Partei - Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit,
Solidarität - sind deshalb nicht überholt. Vielleicht sind sie sogar
aktueller denn je, wenn die SPD sie neu und mutig interpretiert:
gegen die Feinde der Freiheit, die im Gewande religiöser Fanatiker
oder global agierender Konzerne daherkommen. Für eine Demokratie, die
nationale Grenzen sprengt und - mindestens - europäisch wirkt. Für
eine Solidarität, die im eigenen Lande neu belebt wird, aber
ebenfalls an den Grenzen nicht haltmacht. Nicht ausgeschlossen, dass
die SPD dann nach einer großen Vergangenheit auch ein gute Zukunft
hat.
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