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Börsen-Zeitung: Angst vor der Fed, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn.

Geschrieben am 31-05-2013

Frankfurt (ots) - Nach einer rasanten Rally, die den Dax im
laufenden Jahr in der Spitze um rund 12% in die Höhe getrieben hat,
ist seit einigen Tagen am Aktienmarkt die Zuversicht einer immer
stärker um sich greifenden Vorsicht gewichen. Der Dax hat bezogen auf
sein Allzeithoch inzwischen rund 200 Punkte eingebüßt. Auch am
US-Aktienmarkt hat der Schwung deutlich nachgelassen. Der Leitindex
S&P500 hat gegenüber seinem Rekordhoch bereits rund 40 Zähler
verloren.

Noch ist es sicherlich viel zu früh, um eine Trendwende bzw. das
Ende der Rally auszurufen. Wie es scheint, sind dennoch viele
Investoren - vor allem Marktteilnehmer aus Übersee - ins Grübeln
geraten. Für die Zurückhaltung der Anleger gibt es gute Gründe. So
ist die Hausse zweifellos ein wenig übertrieben gewesen. Der Dax
steht derzeit zwar nur rund 10% höher als zu Jahresanfang. Gegenüber
dem Stand von vor einem Jahr lässt sich jedoch ein Plus von mehr als
30% konstatieren. Es ist dabei aus fundamentaler Sicht schwer zu
vermitteln, weshalb die Unternehmen im Dax jetzt im Durchschnitt um
ein Drittel wertvoller sein sollen als noch vor einem Jahr. Die
Ertragslage der Konzerne war nämlich auch 2012 bereits sehr gut, und
ein Sprung der Gewinne ist seither nicht festzustellen. Für den
US-Aktienmarkt ist Ähnliches festzustellen: Der S&P500 hat sich
gegenüber dem Stand von vor zwölf Monaten um rund 26% verteuert.

Auch wenn, wie die Bundesbank jüngst noch einmal vorgerechnet hat,
eine Überbewertungsblase noch nicht festzustellen ist, darf doch
angemerkt werden, dass weitere Kursanstiege ausgehend vom aktuellen
Niveau immer schwieriger zu rechtfertigen sind. Auf Basis der
Schätzungen der DZBank für die Dax-Unternehmensgewinne im laufenden
Jahr ist der deutsche Leitindex mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von
11,6 zwar noch nicht üppig bewertet, er ist allerdings auch nicht
mehr billig zu nennen. Die DZBank-Aktienstrategen sprechen in diesem
Zusammenhang von einem "Missverhältnis zur fundamentalen Entwicklung
der Unternehmen".

Ferner ist das Ausmaß der Rally vor dem Hintergrund der aktuellen
konjunkturellen Situation kritisch zu sehen. Insbesondere in Europa
ist die Lage fast schon desolat zu nennen. Die Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet für
die Eurozone im laufenden Jahr ein Schrumpfen des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,6%. Im November war sie noch von
einem deutlich kleineren Minus von 0,1% ausgegangen.
OECD-Generalsekretär Ángel Gurría bewertet die konjunkturelle Lage
als "sehr anfällig". Vor allem mit Blick auf die Arbeitslosigkeit in
Europa, die sich nach OECD-Einschätzung nach einem weiteren Anstieg
auf hohem Niveau stabilisieren wird, scheinen weitere Enttäuschungen
programmiert zu sein.

Als Hauptgrund für die Abkühlung des Aktiensentiments ist jedoch
die Angst der Investoren vor der US-Notenbank zu nennen. Deren
Chairman Ben Bernanke hat nämlich kürzlich bei einem Auftritt vor dem
Kongress noch einmal darauf hingewiesen, dass die milliardenschweren
Anleihekäufe der Fed bald zurückgefahren werden könnten. Zwar stellte
Amerikas oberster Notenbanker klar, dass er damit nicht an eine
Einstellung der quantitativen Maßnahmen denkt. Dennoch hat er
Eindruck gemacht: Seit dieser Äußerung bewegen sich Dax und S&P500
leicht nach unten - womit noch einmal unterstrichen wäre, dass die
Aktienmärkte aktuell am Tropf der Notenbanken hängen.

Bernanke verwies auf zwei Bedingungen, die für eine Reduzierung
der Anleihekäufe erfüllt sein müssen: Es sollten sich sowohl die
Konjunktur als auch der Arbeitsmarkt zufriedenstellend entwickeln.
Was die Konjunktur betrifft, so sieht es mit einem auf eine
Jahresrate hochgerechneten Anstieg des US-Bruttoinlandsprodukts von
2,5% im ersten Quartal deutlich rosiger aus als in Europa, sodass
sich der Fed in dieser Hinsicht kaum Hindernisse in den Weg stellen.

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht zu erwarten, dass die
Europäische Zentralbank (EZB) dem Markt anlässlich ihrer
zinspolitischen Sitzung am kommenden Donnerstag zusätzlichen
Rückenwind geben wird. Die Mehrzahl der Beobachter geht jedenfalls
nicht davon aus, dass der EZB-Rat den Leitzins erneut senken wird.
Mit einem derartigen Schritt wäre wohl erst dann zu rechnen, wenn die
erhoffte konjunkturelle Erholung der Eurozone ausbliebe. So etwas
wird von den Akteuren am Aktienmarkt momentan allerdings (noch) nicht
als realistische Perspektive angesehen.

(Börsen-Zeitung, 1.6.2013)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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