Weser-Kurier: Zur Vorratsdatenspeicherung schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 10. Juli 2013:
Geschrieben am 09-07-2013 |
Bremen (ots) - In der ersten Anhörung zur Vorratsdatenspeicherung
haben die Richter des Europäischen Gerichtshofs immerhin schon einmal
die richtigen Fragen gestellt: Hat die massenhafte Speicherung von
Verbindungsdaten wirklich etwas gebracht? Lassen sich anhand der
Daten Persönlichkeitsprofile erstellen? Bleibt die
Verhältnismäßigkeit gewahrt? Tatsächlich macht es stutzig, wenn der
Vertreter eines kleinen Landes wie Irland von 6000 bis 10000
jährlichen Anträgen auf Datenabruf berichtet. Zur Erinnerung: Die
EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung war nach den
Terroranschlägen 2004 in Madrid und 2005 in London eingeführt worden,
sie soll der Verhütung und Verfolgung von schweren Straftaten dienen.
Ein Anwalt der Gegner warnte gestern vor dem "elektronischen
Blockwart". Jetzt, nach den Enthüllungen von Whistleblower Edward
Snowden, verwischen die Grenzen. Denn es macht schon einen
Unterschied, ob ein US-Geheimdienst millionenfach Verbindungen und
E-Mails ausspäht, oder ob ein Staat die Daten quasi zur Sicherheit
speichern lässt. Die Frage ist aber: Ab welcher Verdachtslage und in
welchem Umfang? Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, die die Vorratsdatenspeicherung in
Deutschland seit dreieinhalb Jahren genauso hartnäckig wie
erfolgreich blockiert, hat vorgeschlagen, Verkehrsdaten bei konkretem
Verdacht auf eine schwere Straftat "einzufrieren". Snowdens
Enthüllungen geben der FDP-Politikerin nun Rückenwind. Der Union und
allen voran Innenminister Hans-Peter-Friedrich, die ohne Wenn und
Aber für die Vorratsdatenspeicherung eintreten, bläst hingegen der
Wind kräftig ins Gesicht. Schon outet sich ein Instinkt-politiker wie
CSU-Chef Horst Seehofer als Leutheusser-Bewunderer, eine
CDU-Hoffnungsträgerin wie Julia Klöckner fordert mehr Datenschutz.
Das Thema berührt einen Markenkern der Union - ihren Ruf, Garant für
die innere Sicherheit zu sein. Die Richter haben die richtigen Fragen
gestellt. Ob sie auch die richtige Antwort geben, zeigt sich erst in
ein paar Monaten. Gut möglich, dass sie die EU-Richtlinie kräftig
stutzen. So oder so erfolgt deren konkrete Umsetzung auf nationaler
Ebene. Sollte Schwarz-Gelb weiterregieren, erscheint ein Kompromiss
bei der Vorratsdatenspeicherung unwahrscheinlicher denn je. Auch das
hat Snowden bewirkt.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
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