Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Insolvenz der Baumarktkette
Praktiker
Geschrieben am 11-07-2013 |
Bielefeld (ots) - Jeder Heim- und Hobbyhandwerker weiß: Das beste
Werkzeug nützt nichts, wenn die Bauanleitung fehlerhaft ist. »Zwanzig
Prozent auf alles« taugt als Werbeslogan für einen Schlussverkauf.
Als Dauereinrichtung hat er versagt. Dabei war der Werbespruch
letztlich sogar erfolgreich. Fragt man eine Gruppe von Deutschen nach
dem Namen des billigsten Baumarktes, wird die Mehrzahl ohne jede
Überprüfung den Namen »Praktiker« nennen. Doch die Zeiten scheinen
vorbei, als die Verbraucher nur dort einkaufen, wo sie glauben, die
Waren seien am billigsten. Geiz war noch nie geil, sondern dumm und
ziemlich kurzsichtig. Wer billig unterwegs ist, kauft letztlich
teuer. Denn wenn die Ware nicht hält, was sie verspricht, ist jeder
Euro zu viel. Hinzu kommt die Erfahrung: einmal billig, immer billig.
Versuche von Praktiker, mit der Werbung zeitweise auszusetzen,
mussten fehlschlagen. Kunden, die ihre Bohrmaschinen oder den
Schraubendreher nicht sofort brauchten, schoben ihren Einkauf einfach
bis zu dem Tag auf, da der Billigheimer unter den Baumärkten wieder
»20 Prozent auf alles außer Tiernahrung« versprechen würde. Bei
Praktiker konnten sie sicher sein, dass dieser Tag kommt. In der
Zwischenzeit aber mussten die Mitarbeiter weiter bezahlt werden. Die
Baumarktbranche weist Besonderheiten auf. Der Konkurrenzdruck ist
extrem groß. Nicht selten hat der Heimwerker im Umkreis von wenigen
Kilometern um sein Haus die Wahl zwischen drei, vier oder gar fünf
Do-it-yourself-Märkten. Hinter einigen Ketten (Obi, Toom) stehen
Konzerne wie Tengelmann oder Rewe. Die Kette der Marktkauf-Baumärkte,
die früher von Bielefeld aus geführt wurde, ist bereits Geschichte.
Praktiker selbst war einmal Teil der Metro-Gruppe, zu der auch
Mediamarkt und Saturn gehören. Um zusätzlichen Umsatz zu
erwirtschaften, weichen die Baumärkte auf andere Sortimente wie zum
Beispiel Artikel für den Garten oder auf Spielwaren aus. Dass dies
keinen Erfolg garantiert, zeigt wiederum das Beispiel Praktiker: Das
schlechte Wetter hat in diesem Jahr das Gartengeschäft verwässert und
die Probleme für das Unternehmen noch verschärft. Heimwerker sind
besondere Kunden. Die Neulinge unter ihnen wollen beraten werden.
Kaufen sie das Falsche, geben sie gern dem Baumarkt die Schuld. Aber
auch die Erfahrenen suchen das Gespräch, schätzen den Expertenrat.
Bei der Ware achten sie auf Qualität. Material und Werkzeug müssen
den Preis wert sein. Zwar wird, wenn es Markenqualität anderswo
deutlich billiger gibt, auch schon mal die Adresse gewechselt. Doch
das Geld, das sie dabei in der Kasse lassen, ist zu wenig, um eine
Kette wie Praktiker am Leben zu erhalten. Mit der zugekauften
Tochterkette Max Bahr verfolgt der Konzern eine andere Strategie -
und hat damit Erfolg. Im Interesse der Mitarbeiter und Kunden ist zu
hoffen, dass die Insolvenz von Praktiker die Unternehmensgruppe nicht
zu sehr beschädigt.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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diesem Slogan hat die Baumarktkette Praktiker Verbraucher in die
Läden gelockt. In den Rabatt-Wochen hat das anscheinend funktioniert,
ansonsten gingen die Kunden lieber zur Konkurrenz. Am Tag, als der
Praktiker den Insolvenzantrag stellte, waren sich alle einig, dass
die hohen Schulden nicht der wahre Grund für die Pleite sind:
Wettbewerber, Experten und auch die Kundschaft, wie in zahlreichen
Reaktionen online zu lesen ist. Billig allein ist keine Strategie.
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Praktiker ist pleite. Das Aus für die Baumarktkette ist die
logische Folge einer Reihe von Managementfehlern und Irrtümern.
Ausbaden müssen die Misere allerdings Tausende Angestellte, die ihren
Arbeitsplatz verlieren.
Aus ökonomischer Sicht geht die Insolvenz Praktikers in Ordnung.
Es liegt im Wesen einer funktionierenden Marktwirtschaft, dass
Unternehmen kommen und gehen. Praktiker war schon lange angezählt.
Verwunderlich ist allenfalls, dass der Baumarkt immer wieder
Geldgeber fand, mehr...
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