Hagen (ots) - Ob diese Wahlkampfhilfe der Kanzlerin für die FDP
Absicht war? Das mögen Merkel-Analysten unter sich ausmachen. Aber
eine Steilvorlage für die Liberalen ist ihre Ankündigung zweifellos,
den Soli zu verlängern, um Infrastruktur in ganz Deutschland zu
finanzieren. Denn Rainer Brüderles Ablehnung der 1991 befristet
eingeführten Sondersteuer wird nicht nur von den vier Prozent
FDP-Sympathisanten geteilt.
Vor 111 Jahren führte das
Deutsche Reich eine Schaumweinsteuer ein, um die kaiserliche Flotte
zu finanzieren. Flotten sanken, Reiche vergingen, die Steuer blieb.
1,02 Euro pro Flasche Sekt sind zwar zu verkraften, zeigen aber, wie
schwer sich die Politik tut, eine einmal schäumende Einnahmequelle
wieder zu verkorken. Bezogen auf den 5,5-prozentigen Aufschlag auf
die Einkommenssteuer, der bis zu 13 Milliarden Euro jährlich
erbringt, heißt das: Spätestens mit dem Auslaufen des Solidarpakts II
im Jahr 2019 muss Schluss sein.
Schon heute geht das Geld
keineswegs gezielt in den Aufbau Ost, sondern fließt in den
allgemeinen Haushalt. Und schon heute ist eine Förderung nach
Himmelsrichtung eine Absurdität. Im Osten glänzt auch 23 Jahre nach
der Einheit nicht alles, aber im Westen eben auch nicht. Bedürftige
Regionen brauchen Unterstützung, egal wo sie liegen. Und
Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, in Straßen,
Stromtrassen oder Bildung, gehören zur Kernaufgabe des Staates. SPD,
Grüne und Linke wollen dafür die Steuern erhöhen. Die FDP will sie
senken und den Staat zurückfahren. Das sind Konzepte, über die man
streiten kann. Auf den überholten Soli zu setzen, um teure
Wahlversprechen mit Sparverweigerung und Wahlkampf à la "Haltet die
Steuererhöher" zu verbinden, ist unseriöse Trickserei. Oder gute
Taktik.
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