Frankfurter Neue Presse: "Deutsche Bahn muss Netz abgeben"
Leitartikel von Panagiotis Koutoumanos
Geschrieben am 13-08-2013 |
Frankfurt am Main (ots) - Sie fahren seit Jahren regelmäßig mit
der Deutschen Bahn? Dann werden Sie vielleicht erleichtert aufgeatmet
haben, als 2009 der knurrige DB-Vorstandschef Hartmut Mehdorn ging
und der nette Rüdiger Grube dessen Amt übernahm. Während Mehdorn über
Jahre Dauerscharmützel mit der Politik ausgefochten und den
Staatskoloss mit eisernem Sparkurs auf Börsengang getrimmt hatte,
ging der konziliante Grube gleich auf Schmusekurs mit dem Eigentümer
und setzte alles daran, das Unternehmen in den Augen seiner Kunden
wieder sympathischer zu machen: Eine pünktliche, sichere und
preiswerte Bahn versprach der Ex-Daimler-Manager damals. Spätestens
seit dem Mainzer Bahn-Chaos ist klar: Grube mag als Bahn-Chef leiser
als sein Vorgänger vorgehen - aber im Grunde fährt er die gleiche
Unternehmensstrategie. Heißt: Die Rendite spielt noch immer die
größte Rolle - auch wenn ein Börsengang vorerst ausgeschlossen
bleibt.
In seiner Konzernstrategie "DB2020" wird dies deutlich. Zwar
beteuert Grube darin, dass er die Bahn auch zu einem Ökologie- und
Arbeitnehmer-freundlichen Unternehmen machen will. Aber die
Profitabilität steht da an erster Stelle. Und wie diese gesteigert
werden soll, ist auch schon klar: vor allem über steigende Gewinne im
Schienennetz. Die hauptsächlich vom Steuerzahler jährlich mit vier
bis fünf Milliarden Euro finanzierte Infrastruktur hat schon in den
beiden vergangenen Jahren Rekordgewinne eingefahren und leistet -
neben dem Regionalverkehr, der über die Bundesländer ebenfalls vom
Steuerzahler getragen wird - die höchsten Ergebnisbeiträge im
Konzern. Bei einer Rendite, von der die anderen Konzernsparten nur
träumen können, hat die DB Netz bereits im vergangenen Jahr 890
Millionen Euro erwirtschaftet. 1,2 Milliarden sollen es laut
Mittelfristplanung in diesem Jahr werden - 1,46 Milliarden im Jahr
2017. Und die Rendite soll dabei weiter steigen.
Kann es da verwundern, dass die Bahn-Führung seit Jahren weniger
in das Netz investiert, als sie abschreibt? Dass das deutsche
Schienennetz im europäischen Vergleich nur noch Mittelmaß ist? Dass
sie - zum Leidwesen der wenigen Konkurrenten, die auf den Schienen
unterwegs sind, aber auch zum Leidwesen der Bundesländer, die für die
Regio-Züge zahlen - stetig die Trassenpreise anhebt, die rund 95
Prozent der Netz-Einnahmen ausmachen ?Und dass rund ein Drittel aller
Stellwerke immer noch mechanische Einrichtungen sind, die zumeist aus
den Jahren 1885 bis 1935 stammen und somit viel anfälliger bei
Personalausfällen sind, wie sich derzeit bestätigt?
Es wird endlich Zeit, Infrastruktur und Fahrbetrieb
eigentumsrechtlich zu trennen, das Netz aus dem Konzern herauszulösen
- so wie es Brüssel und die deutsche Monopolkommission fordern. Schon
unter Mehdorn hat sich die DB AG mit Händen und Füßen dagegen
gewehrt- mit tatfreudiger Unterstützung der Bundesregierung. Und das
obwohl diese längst eingestanden hat, dass sie weder den Einsatz der
Steuergelder im Netz noch die Verwendung der daraus resultierenden
Gewinne ausreichend kontrollieren kann. Den nahe liegenden Versuch,
die Bundesnetzagentur dazu zu befähigen - über ein neues
Eisenbahn-Regulierungsgesetz - hat Grube bislang verhindert.
Deshalb muss das Netz in eine unabhängige staatliche Verwaltung
überführt werden, die allen Unternehmen gleiche Chancen bietet, die
Steuergelder nach verkehrlichem Nutzen investiert und nicht dort, wo
sie dem Platzhirsch die höchsten Gewinne bescheren. Das würde die
private Konkurrenz beleben und sicherstellen, dass das
Staatsunternehmen nicht Gewinne aus dem hochsubventionierten Netz in
andere Konzerngesellschaften überweist, die damit vielleicht teure
Übernahmen im Ausland mitfinanzieren.
Nach wie vor gilt ein effizientes Schienennetz als Teil der
Daseinsvorsorge. Den Spagat zwischen dieser Aufgabe und dem
unternehmerisch gebotenen Renditestreben wird die DB AG aber nie
schaffen. Deshalb sollte die Politik das erneute Bahn-Desaster nicht
für ihr Wahlkampf-Getöse missbrauchen, sondern endlich zum Anlass
nehmen, die längst überfällige ordnungspolitische Kehrtwende zu
vollziehen.
Pressekontakt:
Frankfurter Neue Presse
Chef vom Dienst
Peter Schmitt
Telefon: 069-7501 4407
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
479737
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Thyssen-Krise schwelt
= Von Thomas Reisener Düsseldorf (ots) - Die Aktionäre und die 150 000 Mitarbeiter von
ThyssenKrupp müssen weiter bangen. Die frischen Quartalszahlen des
angeschlagenen Riesen zeigen zwar, dass Konzernchef Heinrich
Hiesinger die Lage auf niedrigem Niveau stabilisiert: Wenigstens das
Tagesgeschäft läuft halbwegs rund. Aber auf die beiden Großrisiken
des Konzerns hat er noch immer keine Antwort: Weder wurde ein Käufer
für das Stahlwerk in Brasilien gefunden, das schon über acht
Milliarden Euro verbrannt hat und weiterhin Verluste schreibt. Noch
gibt es mehr...
- Stuttgarter Zeitung: Ein Baustein im Bollwerk / Kommentar zu Mali/Präsidentenwahl Stuttgart (ots) - Natürlich hat der Westen Interesse an den
Rohstoffen im Sahel. Gas, Öl, Uran und Gold gibt es dort reichlich.
Wichtiger noch ist die Einsicht in die Notwendigkeit, dass eine
Region der Welt nicht in die Gesetzlosigkeit abdriften darf. Der in
Mali jetzt angestoßene demokratische Prozess wird abgesichert von
einer starken UN-Friedenstruppe, auch unter Beteiligung von
Bundeswehrsoldaten. Die gelungene Wahl wird ein Baustein sein in
einem Bollwerk gegen den islamistischen Terror.
Die Politikerkaste in Mali wird mehr...
- Stuttgarter Zeitung: Eine Provokation / Kommentar zu Nahost/Israel/Siedlungsbau Stuttgart (ots) - Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren: das
Tempo, in dem Israel neue Siedlungsbauten auf den Weg bringt, wirkt
wie eine gezielte Provokation. Zumindest kommt die Sache so bei den
Palästinensern an. Auch wenn die jüngsten Bauvorhaben sich auf die
Siedlerblöcke im Westjordanland und Ostjerusalem beschränken, die in
Verhandlungen wahrscheinlich Israel zugeschlagen werden - ausgemachte
Sache ist das nicht. Vielmehr lässt es am ehrlichen
Verhandlungswillen von Benjamin Netanjahu zweifeln. Die
Friedensgespräche fangen mehr...
- Stuttgarter Zeitung: Mehr gutes Personal ist nötig / Kommentar zu Pflege/Heime Stuttgart (ots) - Bei den Pflegenoten stehen Aufwand und Ertrag in
keinem Verhältnis. Mit viel Zeit und Mühe haben Verbände das
Notensystem entwickelt, das die Beschäftigten mit ebenso viel Zeit
und Mühe für jede Einrichtung anwenden. Was dabei herauskommt, ist
nicht falsch. Aber eben auch nicht so bedeutsam und fundiert, dass es
unentbehrlich wäre. Deshalb wäre es kein Schaden, die Noten ad acta
zu legen und stattdessen alle Kraft auf den Punkt zu richten, mit dem
gute Pflege steht oder fällt: Es braucht genügend qualifizierte
Pflegekräfte, mehr...
- Rheinische Post: Lebensmittel teurer
= Von Georg Winters Düsseldorf (ots) - Natürlich klingt es wie ein Alarmsignal, wenn
Preise für Lebensmittel in Deutschland so stark steigen wie seit fast
fünf Jahren nicht mehr. In Familien, in denen der Etat ohnehin nicht
üppig ist, tut es um so mehr weh, wenn Kartoffeln fast um die Hälfte
und Äpfel um beinahe ein Viertel teurer werden. Aber für die
Gesamtheit der Kunden gilt: Die exorbitant wirkende
Lebensmittel-Teuerung ist nur eine Momentaufnahme und kein Grund zur
Panik - weil Hochwasser und Missernten nicht alle Tage vorkommen und
weil der Winter mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|