Zeitungen sind näher am Publikum als je zuvor / Theodor-Wolff-Preis-Verleihung: Sechs Journalisten in München geehrt / Lebenswerk für Alfred Grosser
Geschrieben am 04-09-2013 |
Berlin (ots) -
Sperrfrist: 04.09.2013 19:00
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"Noch nie haben so viele Menschen Zeitung gelesen wie heute,
gedruckt, online und mobil. das heißt: das Publikum will Zeitung,
unsere Gesellschaft braucht die Zeitung." Das erklärte der Verleger
des Bonner "General-Anzeigers", Hermann Neusser, anlässlich der
Verleihung des Journalistenpreises der deutschen Zeitungen -
Theodor-Wolff-Preis (TWP) am 4. September 2013 in München. Neusser,
der auch Vorsitzender des TWP-Kuratoriums ist, mahnte daher "mehr
Gelassenheit" bei der Berichterstattung über die eigene Branche an.
Ihn irritiere, dass sich Zeitungen und Zeitschriften in den
zurückliegenden Wochen und Monaten geradezu darin überboten hätten,
Journalismus "niederzuschreiben".
Der Geschäftsführer der Südwestdeutschen Medien Holding
(Stuttgart), Dr. Richard Rebmann, hatte sich zuvor bei seiner
Begrüßung der gut 200 Gäste im Atrium der "Süddeutschen Zeitung" dazu
bekannt, dass zum Schreiben großartiger Artikel "Zeit, eine gewisse
Muße und Freiheit im Redaktionsalltag" nötig seien. Solche
förderlichen Bedingungen müssten die Zeitungen auch in einem
wirtschaftlich schwieriger gewordenen Umfeld schaffen. Zugleich
verwies Rebmann auf die exzellenten Leistungswerte: Tageszeitungen
seien das Medium mit dem größten Vertrauen. Sie erreichten täglich
rund 50 Millionen Leser und Nutzer. Verlage und Redaktionen
verbesserten kontinuierlich Inhalt und Erscheinungsbild der Zeitungen
- Print, online und mobil. "Unsere Redaktionen sind näher an ihrem
Publikum als je zuvor", lobte Rebmann. Umso weniger könne er es
verstehen, wenn die eigene Branche schlecht über sich selbst
berichte.
Der frühere Botschafter Israels in Deutschland, Avi Primor,
erklärte in seiner Laudatio auf den Preisträger für das Lebenswerk,
Alfred Grosser, dass dieser bewundert werde für seinen Einsatz für
die Menschenrechte und sein Ringen im Kampf gegen Unrecht. Grosser
widme sich vor allem der Versöhnung zwischen Deutschland und
Frankreich und habe schon sehr früh behauptet, dass es keine
Kollektivschuld gebe. Kurz: "Alfred Grosser schwimmt schon sein Leben
lang gegen den Strom. Woher haben Sie eigentlich so viel Mut?",
fragte Primor und verwies auf Georges Clemenceau, der 1919 sagte:
Ach, wie viel schwieriger ist es, Frieden zu schließen als Krieg zu
führen?"
In seiner Replik schlug Alfred Grosser den Bogen von den
deutsch-französischen und deutsch-israelischen Beziehungen nach
Europa. Der nach wie vor als Kolumnist für mehrere Zeitungen tätige
Wissenschaftler und Autor meinte, dass "die deutschen Tageszeitungen
in der Provinz besser sind als die französischen; aber sie übersehen,
wie sehr die Bundesrepublik seit 1950 von Europa profitiert hat".
Ähnlich seien sich beide Länder hingegen in ihrer "leider oft
schockierenden Begeisterung für das Regietheater".
Neben dem Preisträger für das Lebenswerk standen fünf weitere
Journalisten im Mittelpunkt der Festveranstaltung: Die mit je 6.000
Euro dotierten Auszeichnungen in der Sparte "Lokaljournalismus" gehen
an Jan Haarmeyer für seinen Artikel "Im Namen des Volkes, auf Kosten
des Kindes" ("Hamburger Abendblatt"), der sehr differenziert und
bewegend über Pflegeeltern berichtet, die nach Jahren aufgrund von
Behördenversagen das geliebte Kind wieder verlieren, sowie an Kai
Müller für seinen Beitrag "Es war ein schöner Tag" ("Der
Tagesspiegel", Berlin), in dem der Autor schildert, wie eine
Messerstecherei aus dem Nichts entsteht und in der Rückschau keiner
der Beteiligten wirklich erklären kann, warum ein Jugendlicher tot am
Boden liegt.
Jochen Arntz und Andrea Jeska bekommen den ebenfalls mit 6.000
Euro dotierten Journalistenpreis der deutschen Zeitungen -
Theodor-Wolff-Preis in der Kategorie "Reportage/Essay/Analyse".
Jochen Arntz (Süddeutsche Zeitung", München) portraitiert in seinem
Artikel die Ehefrau von Altkanzler Helmut Kohl, Maike Kohl-Richter.
Andrea Jeska erzählt in ihrem Beitrag "Der Mann, der die Wüste
aufhielt" ("Die Zeit", Hamburg) von einem Bauern in der Sahel-Zone,
der über Jahrzehnte durch das Pflanzen von Bäumen ausgedörrtes Land
wieder fruchtbar machte. Ausgezeichnet und mit 6.000 honoriert wird
in dieser Kategorie auch der Essay "Auf den Herd gekommen" von Robin
Alexander ("Welt am Sonntag", Berlin). Der Autor geht darin
analytisch der Frage nach, wie der Begriff der "Herdprämie" entstand,
wie er politisch aufgeladen und polemisch eingesetzt wurde.
Aus den Texten der Preisträger lasen im Atrium der "Süddeutschen
Zeitung" die Schauspieler Matthias Brandt (Berlin) und Sibylle
Canonica (München). Für den musikalischen Rahmen sorgte die Munich
Brass Connection, das Bläser-Ensemble der Münchner Philharmoniker.
Der Journalistenpreis der deutschen Zeitungen - Theodor-Wolff-Preis,
an dem sich diesmal 396 Journalisten beteiligt hatten, erinnert an
den langjährigen Chefredakteur des legendären "Berliner Tageblatts",
Theodor Wolff (1868 - 1943). Wolff musste 1933 vor den Nazis ins
französische Exil fliehen, wurde dort verhaftet, an die Gestapo
ausgeliefert und starb 1943 im Jüdischen Krankenhaus in Berlin.
Der unabhängigen Jury für den Theodor-Wolff-Preis gehören an:
Wolfgang Büscher, (Autor "Die Welt", Berlin), Dr. Markus Günther
(Journalist Augsburg), Peter Stefan Herbst (Chefredakteur
"Saarbrücker Zeitung"), Bernd Hilder (Chefredakteur "Thüringische
Landeszeitung", Weimar), Christoph Irion (Chefredakteur "Reutlinger
General-Anzeiger"), Professor Bernd Mathieu (Chefredakteur "Aachener
Zeitung"/"Aachener Nachrichten"), Professor Bascha Mika (Publizistin,
Berlin), Evelyn Roll (leitende Redakteurin der "Süddeutschen
Zeitung", München, Vorsitzende der Jury 2013) und Franz Sommerfeld
(Mitglied des Vorstands der Mediengruppe M. DuMont Schauberg mit
Zuständigkeit Redaktion, Köln).
Neue Jurymitglieder sind ab 2014: Nikolaus Blome
(stellvertretender Chefredakteur "Bild", Berlin), Christian Lindner
(Chefredakteur "Rhein-Zeitung", Koblenz), Annette Ramelsberger
(Gerichtsreporterin "Süddeutsche Zeitung", München) und Cordula von
Wysocki (Mitglied der Chefredaktion "Kölnische Rundschau").
Pressekontakt:
Hans-Joachim Fuhrmann
Telefon: 030/ 726298-210
E-Mail: fuhrmann@bdzv.de
Anja Pasquay
Telefon: 030/ 726298-214
E-Mail: pasquay@bdzv.de
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