DER STANDARD-Kommentar: "Den Stillstand aufteilen" von Michael Völker
Geschrieben am 30-09-2013 |
"Hunger, Not und Elend: Von den Verlockungen der großen
Koalition"; Ausgabe vom 1.10.2013
Wien (ots) - Josef Cap, der Klubobmann der SPÖ, ist das Sinnbild
für den Schrecken und den Untergang jener Regierungszusammenarbeit,
die man einmal die große Koalition genannt hat. Cap hat nichts
erkannt und nichts begriffen. Besser kommunizieren will er jetzt.
Aber weitermachen wie bisher. Zynisch bis zur Selbstaufgabe - eine
Übung, die der SPÖ-Klubobmann offenbar zur Perfektion gebracht hat.
Cap ist kein Volksvertreter, er ist ein klassischer
Parteienvertreter. Viele Jahre lang war er sein Geld wert: Keiner
konnte Probleme so gut wegreden, keiner konnte Niederlagen so gut
leugnen, keiner konnte den Deckel so gut draufhalten. Das ist vorbei,
wohl endgültig. Man will Cap nicht mehr hören. Kann ihn nicht mehr
hören. Da kann einem schlecht werden. Ähnliches gilt übrigens für
sein schwarzes Pendant, für ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf. Der sieht
jetzt die Zeit für Reformen gekommen. Jetzt. Kopf ist seit 2008
Klubchef. Und meint, die beiden Parteien sollten weniger streiten.
Alles schon gehört, dutzendmal. Es wird nicht besser. Cap und Kopf
gehören zur Abordnung jener Parteisoldaten, die die Totengräber der
großen Koalition stellen. Die knappe Mehrheit von 51 Prozent, die SPÖ
und ÖVP am Sonntag mühevoll errungen haben, ist wahrlich kein
Auftrag, wieder eine große Koalition zu bilden. Das war weder die
vordringliche Intention der Wähler, die ihre Stimme für Rot oder
Schwarz abgegeben haben, noch entspricht das der Stimmung in den
Parteien. Vor allem in der ÖVP gibt es viele, die sagen: Alles, nur
nicht große Koalition. Natürlich steckt da viel taktisches Kalkül
dahinter. Es geht vorrangig darum, bei Werner Faymann den Preis für
eine Zusammenarbeit in die Höhe zu treiben. Das kann die ÖVP gut:
Wahlen verlieren und großmotzig Bedingungen stellen. Es geht aber
auch um ehrliche Ablehnung und Abneigung. Und es geht um ganz
konkrete inhaltliche Differenzen, die jetzt auch im Wahlkampf gut
sichtbar geworden sind und sich nicht wegplaudern lassen. Anders als
die SPÖ hat die ÖVP tatsächlich mehrere Optionen. Der Nachteil: Wie
man es dreht und wendet, es wäre die FPÖ dabei. Und das ist auch den
meisten in der ÖVP zu ungustiös, rein inhaltlich betrachtet. Dass es
jetzt auch Stimmen in der ÖVP gibt, die ernsthaft eine
Zweierkoalition mit den Grünen oder den Neos vorschlagen, macht sie
zwar sympathisch, spricht aber nicht für deren politischen
Scharfsinn. Das geht sich nicht aus. Daran mag man auch den Grad der
Verzweiflung messen: Die Aussicht, wieder mit einem Kanzler Werner
Faymann, dem es nur um den Machterhalt geht, zusammenarbeiten und den
Stillstand aufteilen zu müssen, ist für viele Schwarze geradezu
schmerzhaft. Die Rolle des Zweiten ist undankbar und führt mit
Sicherheit zu einer noch größeren Fluktuation jener Menschen, die
sich noch mit der ÖVP identifizieren können: Als Regierungsbeiwagerl
ist man entweder der Ja-Sager oder der Nein-Sager. Beide Rollen sind
nicht sonderlich sympathisch. Michael Spindelegger - oder eher noch
sein Nachfolger - müsste eine neue Partnerschaft erfinden, die
tatsächlich Reformen erzwingt und nicht wieder im Nachhinein die
selbst vergebenen Chancen bejammert. Dazu gehört auch eine umfassende
personelle Erneuerung. Und ja, es braucht ziemlich sicher auch einen
dritten Partner. Neos oder Grüne. Nicht, obwohl es schwierig ist.
Sondern gerade deswegen.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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