DER STANDARD-KOMMENTAR "Der koalitionäre Ekel" von Michael Völker
Geschrieben am 14-10-2013 |
SPÖ und ÖVP brauchen inhaltlich wie atmosphärisch eine
Anregung von außen - Ausgabe vom 15.10.2013
Wien (ots) - Es geht auch um Inhalte. Um Sachthemen, um
Positionen, um Ideologien und Überzeugungen. Es wird um einen
Koalitionsvertrag gehen, um ein Regierungsübereinkommen. Es geht aber
auch um die Stimmung. Und die ist schlecht. SPÖ und ÖVP mögen
einander nicht, ganz generell gesagt. Beide Parteien blicken auf
ausreichend Erfahrung zurück, um diese Gefühlsbestimmung gut belegen
zu können. Ihren Höhepunkt erreichte diese Abneigung im Jahr 2000,
als ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel die SPÖ aus der Regierung kickte und
gemeinsam mit der FPÖ eine Regierung bildete - als Dritter. In den
folgenden Jahren wurde die Feindschaft zwischen Rot und Schwarz offen
ausgelebt - und für die SPÖ waren es sieben schmachvolle Jahre in der
Opposition. In der nachfolgenden Koalition wurde diese Aversion nicht
wirklich überwunden. Sie wurde gepflegt. Inhaltlich raufte man sich
zusammen, oft mehr schlecht als recht, atmosphärisch blieb die
Zusammenarbeit immer eine fragile Angelegenheit. Das ist auch einer
Gründe, warum die große Koalition so unbeliebt ist und einen derart
schlechten Ruf genießt: Man spürt die Abneigung, die Antipathie, von
der sie getragen ist. Das macht es ihren Protagonisten auch so
schwer, die angestrebte Fortsetzung als lohnend darzustellen. Vom
neuen Stil, der von den Spitzen nahezu flehentlich beschworen wird,
ist nichts zu spüren. Im Gegenteil: Das taktische Hinhalten und das
offen vor sich hergetragene Unglück, jetzt wieder zusammenarbeiten zu
müssen, nähren auch in der Bevölkerung die Skepsis, ob das was
Gescheites werden kann. Eher nein, würde man vermuten. Auch
inhaltlich scheint klar, dass man die Gegensätzlichkeiten, die im
Zuge der Wahlauseinandersetzung geradezu zelebriert wurden, nicht
wird überwinden können: Den Kompromissen in Bildungsfragen oder der
Steuerpolitik wird immer der schlechte Geruch anhaften, dass das
jeweils nur die zweit- oder drittbeste der möglichen Lösungen ist.
Nicht der große Wurf, sondern der kleinste gemeinsame Nenner. Das
Wissen um diesen eingeengten Handlungsspielraum, diese
perspektivische Kleingeistigkeit bremst jede Dynamik koalitionärer
Anbahnung schon im Ansatz. Die Sehnsucht nach etwas anderem und Neuen
ist auf beiden Seiten vorhanden und verständlich - und nicht nur in
diesen Parteien, erst recht außerhalb dieses Refugiums. Um den
Schmerz der Zweisamkeit zu lindern, gibt es innerhalb der SPÖ,
innerhalb der ÖVP und erst recht außerhalb gewichtige und lauter
werdende Stimmen, die sich dafür einsetzen, doch noch jemanden
dazunehmen. Die Grünen böten sich an oder auch die Neos. Wenn sie
sich sonst schon nicht einig sind, da entdecken Werner Faymann und
Michael Spindelegger ihre Übereinstimmung: zu kompliziert. Gerade
diesen Aufwand sollten die beiden Parteichefs aber nicht scheuen:
Einen neuen Stil werden sie nicht finden und kreieren können, wenn
sie weitermachen wie bisher und nur das Marketing, den Verkauf
ändern. Ein Aufbruch, ein neuer Stil, frischer Schwung wird nur
möglich sein, wenn sie auch etwas wagen, auch wenn es kompliziert
sein mag und etwas mehr Koordination bedarf: Allein schaffen das SPÖ
und ÖVP nicht. Salopp gesagt: Sie brauchen noch einmal einen Tritt in
den Hintern. Grüne oder Neos hätten den Schwung dazu und das Herz,
diesen auszuführen.
Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445
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