Schwäbische Zeitung: Kommentar zu den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD: Die Genossen taktieren
Geschrieben am 18-10-2013 |
Ravensburg (ots) - Es mag ja eine Stilfrage sein, ob man wirklich
das Fell des Bären verteilen sollte, bevor dieser überhaupt erlegt
ist. Und die Begehrlichkeiten der Sozialdemokraten vor den
Koalitionsverhandlungen mit der Union muten auf den ersten Blick
überzogen an. So soll es unbedingt das Finanzministerium sein, das in
Zeiten der europäischen Schuldenkrise ein Schlüsselministerium
darstellt. Dass der aktuelle Amtsinhaber über international großes
Ansehen verfügt und damit ein Faktor für die Stabilisierung der
wirtschafts- und finanzpolitischen Lage in Europa und auf der Welt
darstellt, wird ausgeblendet. Diese Personalie ist deshalb noch lange
nicht geklärt. Dafür liegt es aber auf der Hand, dass der
Arbeitsminister von der SPD kommen wird. Die Genossen dürften den
Mindestlohn in den kommenden Wochen durchsetzen und sich auf diese
Weise von Basis wie Anhängern feiern lassen. Den vermeintlich
sozialen Durchbruch kann sich dann der wahrscheinlich künftige
Arbeitsminister Sigmar Gabriel ans Revers heften.
Dementis hin oder her - natürlich ist das Vorpreschen um die
Ministersessel Taktik. Gabriel muss den Parteikonvent an diesem
Wochenende von der gemeinsamen Zukunft mit den Christdemokraten
überzeugen. Allen Ängsten vor Angela Merkel zum Trotz, ungeachtet des
zweitschlechtesten Wahlergebnisses der SPD seit Bestehen der
Bundesrepublik. Die Union hat schon längst via Horst Seehofer
signalisiert, dass sie der SPD den Mindestlohn wider eigener
Überzeugung schenkt, um eine halbwegs stabile Regierung
hinzubekommen. Dazu wird Gabriel gebraucht und der wiederum muss
unbeschädigt aus dem Konvent hervorgehen, um die SPD glaubwürdig
gegenüber Merkel vertreten zu können.
Wenn diese Klippe umschifft ist, dann könnte es zu einer relativ
raschen Regierungsbildung kommen. Der kleine Partner wird dann zwar
immer wieder zwecks Profilierung bei dem einen oder anderen Punkt
aufschreien, aber der Grundkonsens wird für die nächsten vier Jahre
Große Koalition ausreichen.
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Schwäbische Zeitung
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