Rheinische Post: Kommentar:
Ende amerikanischer Scheinheiligkeit
= Von Frank Herrmann
Geschrieben am 25-10-2013 |
Düsseldorf (ots) - Wenn er wissen wolle, was Angela Merkel denke,
hat Barack Obama neulich gesagt, dann greife er zum Telefon und rufe
sie an. Das war im Sommer, als Edward Snowden die Sammelwut der NSA
bereits belegt hatte und Mister President, ganz im Einklang mit der
Kanzlerin, die Wogen der Empörung zu glätten versuchte. Es klang
logisch. Wozu der ganze Geheimdienstwust, wenn es doch so viel
einfacher gehe? Aber nun drängt sich Eindruck auf, als hätte der Mann
nur geflunkert. Noch ist nicht einmal ansatzweise geklärt, welche
Rolle Obama bei der Sache mit Merkels Handy spielte. War er selber im
Bilde? Derzeit kann man nur sagen: Genaues wissen wir nicht. Was die
Causa Merkel allerdings ohne Zweifel bedeutet, ist das Ende
amerikanischer Scheinheiligkeit. Es klingt nur noch hohl, das Mantra
von den Anschlägen, die es zu verhindern gelte, weshalb es keine
Alternative gebe zu weltweiter Überwachung. Ja, offenbar sind
Attentate vereitelt worden, auch wenn sich das nur schwer überprüfen
lässt. Aber was die NSA sonst noch so treibt, von Industriespionage
bis zum Ausschnüffeln europäischer Verhandlungspositionen, lässt sich
beim besten Willen nicht unter der Rubrik Terrorbekämpfung verbuchen.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
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