WAZ: Spionage - das blühende Geschäft. Kommentar von Ulrich Reitz
Geschrieben am 25-10-2013 |
Essen (ots) - Überraschend ist nicht einmal die Überraschung.
Angela Merkel war ja wohl auch deshalb überrascht, empört, zornig
(und so weiter), weil sie die Überraschung nicht ihrem französischen
Partner Hollande überlassen wollte. Wäre Merkel nicht überrascht
gewesen, wäre Hollande allein überrascht gewesen. Er wäre der
Positiv-Held des Datenschutzes gewesen, der sich mit dem mächtigsten
Mann der Welt anlegt, Merkel die Negativ-Heldin der ewigen
Beschwichtigung. In der Politik geht es nun einmal nicht um Ideale,
sondern um Interessen und Macht. Es ist schon putzig, wie sich
Bayerns Seehofer nun zum obersten Datenschützer aufschwingt oder
Sigmar Gabriel sich todesmutig vor die Kanzlerin wirft. Merkel wurde
von den Amis abgehört, als sie mit einem ungeschützten Handy
telefonierte. Wird es wichtig, greift sie zum Krypto-Smartphone. Was
heißt das? Merkel weiß, dass sie abgehört wird. Als sie ihr nicht
abhörsicheres Gerät benutzte, war es ihr offenbar egal. Allzu wichtig
war es wohl nicht, was sie zu erzählen hatte. An dieser Stelle soll
nichts beschwichtigt werden. Regierungschefs befreundeter Staaten
abzuhören ist ebenso eine Sauerei, wie Bürger dieser Staaten
auszuforschen. Allerdings ist es eine übliche Sauerei, die auch vom
Völkerrecht geduldet wird - Spionage ist völkerrechtlich nicht
strafbar. Findet man Spione, kann man sie aber wegen Landesverrats
einsperren. Schon Helmut Schmidt und Helmut Kohl gingen davon aus,
von den USA ausgespäht zu werden. Sie waren Realisten. Die Kategorie
befreundeter Staat lässt keine Freundlichkeit erwarten, wenn es um
die eigenen nationalen Interessen geht. Für Obama zählt nur eins: die
Sicherheit seines Homelands. 42 Anschläge habe die NSA verhindert,
ließ er (unüberprüfbar) wissen. Der Terror von 9/11 ist auch in
Deutschland geplant worden. Das reicht den USA, ihre Partner zu
überwachen. Ihre Telefone und E-Mails, aus der Luft über Satelliten,
mit Hilfe elektronischer Anlagen, womöglich auch auf der US-Botschaft
in Berlin. Wenn dabei etwas abfällt für die Wirtschaft, umso besser.
Ein schmutziges Geschäft. Eines, das floriert.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de
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