DER STANDARD-KOMMENTAR "Fatale Feindbildpolitik" von Lisa Nimmervoll
Geschrieben am 19-11-2013 |
Eine Gesellschaft, die "ihre" Lehrer wie Gegner behandelt, tut
sich nichts Gutes - Ausgabe vom 20.11.2013
Wien (ots) - Es war ein fataler Triumph, den die ramponierte
Regierung da inszeniert hat: Die Lehrergewerkschafter durften nach
vier Stunden "besiegt" hinausschleichen. Nach der 35.
Verhandlungsrunde über ein neues Lehrerdienstrecht haben SPÖ und ÖVP
Schluss gemacht. Sie wollen das Ding nun alleine durchziehen. Ohne
Zustimmung der Gewerkschaft. Gegen "die" Lehrer. Sie und die
"Luxuspensionisten" sind das Spielmaterial, das das Selbstbild von
Tatkraft, Stärke und Entschlossenheit produzieren soll. Zwei simpel
instrumentalisierbare Feindbilder, die die Budgetloch-Blamage
überdecken sollen. Die Inszenierung war durchaus stimmig. Den
"Betonierern", die fast drei Dutzend Mal die Verhandlungsgeduld von
Regierung und Öffentlichkeit strapaziert haben, wird das Mandat
entzogen. Ihnen bleibt die, und das wissen auch die Lehrer, extrem
unpopuläre Drohung mit einem Streik. Dazu ist zu sagen: Zwei Drittel
der sagenumwobenen 35 Verhandlungsrunden waren Vorgespräche auf
Beamtenebene, was bei einem Projekt dieser Größe nicht sonderlich
überrascht. Befremdlich und die vermeintlich hehren Absichten
untergrabend war dagegen auch das Auftreten der Regierung. Ein in den
Medien vorab als großes Entgegenkommen kommuniziertes "Angebot" wurde
bei der letzten Verhandlungsrunde nicht einmal auf den Tisch gelegt.
Was, bitte, soll das denn?! Da ist der Unmut der Lehrergewerkschafter
doch sehr verständlich. Denn zu sagen, die Lehrer hätten ja nur sagen
müssen: "Zeigt her, was ihr noch im Angebot habt", dann hätte man eh
noch mit ihnen darüber geredet, ist eigentlich ein Affront. Aber auch
die Lehrergewerkschaft hat an der Eskalationsschraube mitgedreht. Es
gab eine obstruktive Stop-and-go-back-Taktik, ritualisierte,
ermüdende und inhaltsleere Phrasen, die kaum verbergen konnten, dass
man mit dem alten - einige Lehrergruppen explizit privilegierenden -
Dienstrecht noch gut weiterfahren könnte. Und auch da eine
Feindbildpolitik, die so gut wie keine Kritik akzeptiert, weil die
Deutungshoheit über den Lehrerberuf fast ausschließlich "den
Praktikern in der Schule" zugestanden wird. Auch diese Art der
selbstimmunisierenden Kommunikation hat dazu beigetragen, dass die
Lehrergewerkschaft und die Lehrer - man sollte sie nicht in eins
setzen - ins Eck gedrängt wurden. Da sollten sie nicht stehen. Eine
Anordnung: hier die Regierung und "das Volk", das sie hinter sich
wähnt, dort die Lehrer; wir die Guten, die die Bösen, ist für alle
verhängnisvoll. Denn eine Gesellschaft, die den Dialog mit jenen
abbricht, die ihre Kinder unterrichten, (mit-)erziehen, betreuen,
fördern und ins Leben begleiten soll, läuft Gefahr, eines der
wichtigsten Scharniere nachhaltig zu beschädigen. Allerdings müssen
auch die Lehrer einsehen - für viele sowieso selbstverständlich -,
dass sich ihr Beruf verändert hat bzw. verändern muss, weil sich die
Gesellschaft verändert hat und die pädagogischen Standards dem alten
Dienstrecht davongelaufen sind. Das alles setzt aber etwas voraus,
das in Österreich letztlich von der Politik und SPÖ und ÖVP verbockt
wurde: Sie sind es, die bislang zu keiner offenen, ideologiefreien
Diskussion über die Schule und die Lehrer, die es dafür braucht, in
der Lage waren. In diesem Bereich sind sie einander leidenschaftlich
feindschaftlich verbunden. Insofern ist die Lehrerdienstrechtsmalaise
nur ein Symptom der bildungspolitischen Tristesse in diesem Land.
Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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