Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR
Union unter Druck
Ein Stück nach links
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Geschrieben am 19-11-2013 |
Bielefeld (ots) - Die Koalitionsverhandlungen kommen nur mühsam
vom Fleck. Am kommenden Wochenende ist der CSU-Parteitag, und vorher
darf natürlich nichts Wichtiges beschlossen sein. Schon gar nicht ein
eventuelles Aus für die Pkw-Maut, damit die CSU sich in Bayern noch
einmal als der wichtigste Stützpfeiler der kom-menden großen
Koalition feiern lassen kann. Spannend wird es erst hinterher.
Gestern hat die CSU durchblicken lassen, dass sie die Minijobs gerne
vom Mindestlohn ausnehmen möchte, was die SPD gar nicht gut findet,
weil sie bis auf Auszubildende und Praktikanten niemanden aussparen
will. Dass es einen Mindestlohn geben wird, der 8,50 Euro beträgt,
ist schon so gut wie sicher. Doch die Frage nach möglichen Ausnahmen
von der Regel zeigt schon, dass der Teufel im Detail steckt. Und wie
man die gesammelten Rentenwünsche finanzieren will, die doch alle
berechtigt sind, von der verbesserten Mütterrente bis zur
Solidarrente für Geringverdiener, das steht auch noch in den Sternen.
Letztlich werden die drei Parteichefs Angela Merkel, Horst Seehofer
und Sigmar Gabriel versuchen, aus dem Sammelsurium einen handhabbaren
Koalitionsvertrag zu formen. Allerdings kann SPD-Chef Gabriel seine
Standpunkte noch zusätzlich untermauern Wenn die SPD sich in dem
Vertrag nicht ausreichend wiedererkennt, droht die
Mitgliederbefragung zu scheitern. Auch wenn die Union das öffentlich
niemals zugeben würde und lieber das Gegenteil behauptet, zündet
dieses Argument. CDU und CSU mögen die Wahlgewinner sein, eine
überzeugende Alternative zu Schwarz-Rot haben sie nicht. Neuwahlen
würden an den Kräfteverhältnissen kaum etwas verändern, und die
Grünen gäbe es in einer Koalition ja auch nur zum Preis von
Mindestlohn und doppelter Staatsbürgerschaft. Merkel wird sich den
Umständen pragmatisch anpassen und ihre Partei noch ein Stück weiter
nach links bugsieren. Das wird die in der CDU schwelende Debatte über
das mangelnde eigene Profil und den nicht mehr identifizierbaren
Markenkern befeuern. Ob die Merkel-CDU dieses Mal am Ende der großen
Koalition wirklich als Gewinner dasteht, ist längst nicht ausgemacht.
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