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BERLINER MORGENPOST: Kein Dauer-Lager am Oranienplatz / Leitartikel von Jochim Stoltenberg

Geschrieben am 25-11-2013

Berlin (ots) - Rat- und hilflos zeigt sich die Berliner Politik
bislang am Kreuzberger Oranienplatz. Es ist auch nicht falsch, zu
behaupten, die dort protestierenden und campierenden Asylbewerber
treiben die für die Ordnung in dieser Stadt Verantwortlichen vor sich
her. Das kann nach aller Erfahrung nicht überraschen. Es ist nicht
das erste Mal, dass sich aus einem zunächst geduldeten Protestlager
ein Camp mit undurchschaubaren Strukturen und auswärtigen Helfern
verselbstständigt. Wenn sich dann noch die Zuständigen im Bezirk und
im Senat weder bezüglich der Forderungen der Flüchtlinge noch im
Umgang mit ihnen einig sind, entwickelt sich eine Lage fast
zwangsläufig so brisant wie rund um das Oranienplatz-Camp. Die ist
mit Abwarten und Kompetenzstreit nicht zu lösen.

Dabei können die Forderungen, das deutsche Asylrecht im Kern zu
kippen, weder vom Bezirk Kreuzberg noch von der Berliner
Landesregierung erfüllt werden. Das Ende der Residenzpflicht oder des
Arbeitsverbots kann allein ein Bundesgesetz herbeiführen, vom
bedingungslosen Bleiberecht für alle ganz zu schweigen. So ist das in
einem Rechtsstaat, in dem die Flüchtlinge ja nicht zufällig Zuflucht
suchen.

Wer Hauptstadt ist, muss akzeptieren, dass hier Proteste aller Art
am öffentlichkeitswirksamsten sind, sich deshalb hier alle Klagenden
Luft verschaffen. Aber auch dafür gibt es in einer Demokratie
geregelte Grenzen. Sie dienen nicht zuletzt der Sicherheit und
Unversehrtheit der Demonstranten. Beides ist nicht erst seit dem
nahenden Winter am Oranienplatz gefährdet. Nachdem sich Bezirk und
Senat einig sind, dass das Camp geräumt werden soll, sind nun
Entscheidungen gefragt. Ob dabei die Bezirksbürgermeisterin oder der
Innensenator die Verantwortung übernimmt - am besten natürlich beide
-, ist zweitrangig. Der zu erwartende Protest darf weder die eine
noch den anderen verschrecken. Zumal mit der Zusicherung, ein
Info-Zelt dürfe bleiben, zugleich ein Zeichen guten Willens gesetzt
wird.

Bei allem Verständnis für ihre Probleme sollten die Flüchtlinge,
die meinen, deutsche Gesetze außer Kraft setzen zu können, auch dies
bedenken: Mit ihren Aktionen fallen sie der Mehrheit der Asylbewerber
in den Rücken, die sich an die Gesetze halten. Denn die Stimmung im
Lande wird durch Proteste wie am Oranienplatz nicht zugunsten der
Aufnahmesuchenden befördert.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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