Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Jugendarbeitslosigkeit/Praktika: Praktikum mit Zukunft von Hanna Vauchelle
Geschrieben am 04-12-2013 |
Regensburg (ots) - Brüssel will faire Bedingungen für Jobanfänger
schaffen. Jetzt liegt es an den Mitgliedsstaaten.
Brüssels Mühlen mahlen langsam. Trotz der drängenden
Jugendarbeitslosigkeit in Europa hat sich die Behörde viel Zeit für
ihre Qualitäts-Vorschläge in Sachen Praktika gelassen. Mehr
Transparenz für die Bewerber, zeitliche Beschränkung auf sechs
Monate: Was nun herausgekommen ist, ist im Großen und Ganzen ein
vernünftiger Ansatz. Jetzt liegt es an den Mitgliedsstaaten, die
Leitlinien umzusetzen. Daran wird sich messen lassen, wie ernst es
die Länder mit dem Kampf gegen die Joblosigkeit unter Jugendlichen
meinen. Am Krisenhimmel über Europa gibt es einige Lichtblicke.
Langsam kommt der Kontinent aus der Rezession und auch die horrenden
Arbeitslosenzahlen sind im letzten Monat zumindest nicht weiter
angestiegen. Die Instrumente, die sich die EU zur Bekämpfung der
Misere ausgedacht hat, scheinen endlich nicht mehr wirkungslos zu
verpuffen. Diesen Mini-Aufschwung gilt es nun zu nutzen. Umso
wichtiger ist es, dass die EU-Kommission mit ihren Vorschlägen zur
Verbesserung von Praktika nicht über die Stränge geschlagen hat. Eine
Vergütungspflicht sowie reglementierte Höchstarbeitszeiten, wie sie
von Seiten der Sozialdemokraten gefordert worden sind, hätten sich
eher als Jobkiller erwiesen. Die nun vorgelegten Qualitätsstandards
können "Europas verlorener Generation" eine neue Perspektive geben.
Es gilt nicht nur für die Krisenstaaten: Wer qualitativ hochwertige
Arbeitserfahrungen machen kann, steigert seine Chancen auf einen
guten Job. Das hat man endlich auch in Brüssel begriffen. Nun ist es
an den Mitgliedsstaaten, die Leitlinien umzusetzen. Oder anders
gesagt: Es gilt, die Jugendgarantie mit Leben zu füllen. In Brüssel
ist man sich darüber einig, dass die Antwort auf die Frage, ob und
wie die Joblosigkeit unter Jugendlichen in den Griff zu bekommen ist,
über die Zukunft Europas entscheiden wird. Es gilt zu verhindern,
dass die arbeitslosen Jungen von heute die perspektivlosen Alten von
morgen werden. Schon jetzt hat Europa ein Zustimmungsproblem. Und was
sich derzeit am rechten Rand der EU zusammenbraut, verheißt ebenfalls
nichts Gutes. Die ersten Auswirkungen dieser Unzufriedenheit könnten
schon bei der Europawahl im Mai 2014 sichtbar werden. Längst
prophezeien Meinungsforscher, dass das nächste Europaparlament zu 20
Prozent aus Rechtspopulisten bestehen wird. Beunruhigend ist vor
allem die Lage in Frankreich. In Europas zweitgrößter Volkswirtschaft
sind derzeit so viele junge Menschen arbeits- und perspektivlos wie
noch nie. Gleichzeitig verzeichnet der rechtspopulistische Front
National, der den Euro sowie alles andere, was aus Brüssel kommt,
verteufelt, enorme Zuwachsraten bei den Wählern. Dass sich die EU
beim Kampf gegen die Job-Misere schwertut, kommt jedoch nicht von
ungefähr. Schuld daran ist in erster Linie der EU-Vertrag, der den
Bereich Arbeitsmarktpolitik aus dem Zuständigkeitsbereich der
europäischen Ebene komplett ausklammert. Brüssel kann also
vorschlagen, was es will, und bleibt letztendlich doch immer auf den
guten Willen der Staaten angewiesen. Dies macht auch die Akzeptanz
von Programmen wie der Jugendgarantie so schwer. Letztendlich bleibt
der EU vor allem die Rolle als Zahlmeisterin. In den kommenden sieben
Jahren ist in den Brüsseler Töpfen so viel Geld für Jugendliche
vorgesehen wie noch nie. Die Chance gilt es nun zu nutzen. Die
nächsten Jahre werden entscheidend sein. Zufriedene Praktikanten
werden maßgeblich zur Entspannung der Job-Lage beitragen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
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