Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Skandale bei der Deutschen Bank
Selbstreinigung nötig
MARTIN KRAUSE
Geschrieben am 06-12-2013 |
Bielefeld (ots) - Wird in diesen Tagen in der internationalen
Bankenszene eine neue Schweinerei ruchbar, steckt die Deutsche Bank
meist mittendrin. Von der US-Immobilienkrise bis zum
Libor-Zins-Skandal spielen die Frankfurter oft Hauptrollen. Die
Zinsmanipulationen sind soeben von der EU-Kommission mit der
Rekordstrafe von insgesamt 1,7 Milliarden Euro geahndet worden, und
der Deutschen Bank wurde mit 725 Millionen Euro die größte Buße
aufgebrummt. Doch nicht wegen der Höhe der Strafe muss man sich
Sorgen um das Geldhaus machen. Sondern weil die Reihe der Skandale
und juristischen Verwicklungen gar kein Ende nehmen will. Und weil
Zweifel aufkommen, ob die Bankchefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen
die öffentliche Wirkung richtig einschätzen - und ob sie den
"tiefgreifenden Kulturwandel", den sie der Bank verordnet haben,
glaubwürdig verkörpern können. Am Stammtisch ist die Sache klar: Die
Banker sind alle Verbrecher. Gemeint sind nicht die Mitarbeiter der
vielen Volksbanken und Sparkassen, denen die Mehrheit der Deutschen
ihr Vertrauen schenkt - obwohl ja auch die kleinen Geldhäuser manchem
ahnungslosen Anleger Ramsch angedreht haben, wie wir wissen. Aber als
die wahren Gierschlunde gelten die Manager und Händler in den Türmen
von Frankfurt, London und New York. Dabei ist Vorsicht angebracht
beim Banker-Bashing, wenn es in Radikalität mündet: Linksextreme
Terroristen haben Banker in der Vergangenheit für viele Missstände
verantwortlich gemacht - die feigen Morde an Jürgen Ponto (Dresdner)
und Alfred Herrhausen (Deutsche Bank) sollten zur Mäßigung gemahnen.
Aus der globalen Warte tut die Deutsche Bank kaum anderes als alle
Institute ihres Kalibers, von der Royal Bank of Scotland bis zur Bank
of America. Und ja, Fitschen hat recht, dass derzeit Sünden
aufgearbeitet werden, die schon vor Jahren begangen wurden. Nun
platzen die Schlagzeilen in den innig verkündeten Kulturwandel
hinein. Wie fatal. Doch es könnte noch schlimmer kommen: Hat die Bank
auch bei Devisenmanipulationen ihre Finger im Spiel gehabt? Oder beim
Fixing der Goldpreise? Misslich ist, dass die Deutsche Bank auch
viele potenzielle Verbündete vergrault hat. Der verstorbene
konservative Medienunternehmer Leo Kirch lässt die Bank gar über
seinen Tod hinaus verfolgen. Der größte anzunehmende Schaden droht
der Bank, wenn die Köpfe des Kulturwandels, Jain und Fitschen, noch
tiefer selbst in die Mühlen der Justiz geraten sollten. Anhaltspunkte
dafür, dass sie persönlich Verantwortung für Verfehlungen tragen,
gibt es genug. Zeigt die Justiz kein Erbarmen, werden aus den Sorgen
Nöte. Denn die deutsche Wirtschaft braucht kompetente Partner für das
internationale Geschäft und Strategen, die es im Investmentbanking
mit der Konkurrenz in der Londoner City und an der Wall Street
aufnehmen können. Die Commerzbank ist noch paralysiert durch ihre
Teilverstaatlichung, die Dresdner Bank ist nicht mehr existent, die
einst starke WestLB ist pulverisiert - nicht zuletzt dank einer
Intrige der Deutschen Bank. Die Alternativen werden rar. Im Interesse
von Bankkunden und Steuerzahlern, die nicht mehr über den Tisch
gezogen werden wollen, kann die begonnene Selbstreinigung der Bank
gar nicht schnell genug vonstattengehen.
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