(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu "Obama"

Geschrieben am 09-12-2013

Regensburg (ots) - von Thomas Spang

Der Durchbruch bei den Atomverhandlungen mit Iran hat für die
Supermacht USA eine grundlegende Zäsur bedeutet. Die Diplomatie kehrt
als wichtigstes Instrument amerikanischer Sicherheitspolitik zurück,
während militärische Lösungen in den Hintergrund treten. Diese
Präferenz hatte sich bereits in der Syrien-Krise abgezeichnet, bei
der Präsident Barack Obama bis zum Schluss zögerte, Gewalt
einzusetzen. Stattdessen stürzte er sich auf einen Vorschlag
Russlands, das syrische Arsenal an Chemiewaffen auf friedlichem Weg
unbrauchbar zu machen. Das eine wie das andere Mal setzte sich der
Friedensnobelpreisträger über die ätzende Kritik der Falken daheim
und im Ausland hinweg, die Obama wahlweise Unentschlossenheit,
Schwäche oder Naivität vorhielten. So geht es einem, der Diplomatie
wagt. Und Obama verdient Beifall dafür. Systematisch hat der
US-Präsident in den vergangenen Jahren darauf hingearbeitet, die
Rolle der Supermacht auf der Weltbühne neu zu definieren. Weg von dem
Cowboy-Image der Bush-Jahre hin zu der eines umsichtig agierenden
Maklers. Als erstes hat Obama den Krieg in Irak beendet. In
Afghanistan steht der Rückzug ebenfalls unmittelbar bevor. Und vieles
spricht dafür, dass "Krieg gegen den Terror" sehr bald in eine
traditionelle Anti-Terrorismus-Kampagne überführt wird. Obama stellte
in einer Grundsatzrede an der National Defense University im Mai
dieses Jahres den Sinn des "unbegrenzten Globalen Kriegs gegen den
Terror" in Frage. Konkret versprach er größere Zurückhaltung beim
Einsatz von Drohnen. Ein halbes Jahr später lassen sich die
Ergebnisse messen. Sowohl in Jemen als auch in Pakistan üben die
Amerikaner sehr viel größere Zurückhaltung. Die Zahl der
Drohnenschläge ging fast um die Hälfte zurück. Das Interimsabkommen
mit Iran nach drei Jahrzehnten offener Feindseligkeiten steht in
diesem größeren Kontext wie ein Ausrufezeichen hinter der
Neuausrichtung der amerikanischen Sicherheitspolitik. Bei den
Verbündeten Israel, Saudi Arabien oder den Golfstaaten löst die
diplomatische Offensive Verunsicherung aus, weil ein Erfolg - so
ungewiss auch immer - gravierende Konsequenzen für die Region hätte.
Die Alternative zu diesem Kurs wäre der Marsch in einen weiteren
Krieg gewesen. Wobei sowohl in Syrien als auch in Iran die Risiken
erheblich wären. Spätestens das Abenteuer in Irak sollte gelehrt
haben, dass überwältigende militärische Macht allein noch nicht das
gewünschte Ergebnis produziert. Unwägbarkeiten bestehen in jedem
Fall. In Syrien scheint das Kalkül des Weißen Hauses schon jetzt
teilweise aufzugehen. Die Zerstörung der Chemiewaffen-Kapazitäten
läuft besser als erhofft. Gleichzeitig zeichnet sich eine
realistische Chance für eine Friedenskonferenz ab. Dort könnte
Syriens Verbündeter Iran unter Beweis stellen, wie substanziell die
Veränderungen seiner Politik tatsächlich sind. Den Atomstreit selbst
dauerhaft zu lösen dürfte schwieriger werden, weil die Probleme und
geostrategischen Konsequenzen größer sind. Dennoch gibt es keinen
Grund, es nicht auf dem Verhandlungsweg zu versuchen. Die Supermacht
kann damit am Ende nur gewinnen. Selbst wenn es nur die Einsicht
wäre, so nicht weiterzukommen. Obama hat mit John Kerry einen
energetischen Außenminister gefunden, der seine Vision aus dem
Wahlkampf 2008 mit Leben füllt. Eine Garantie, dass er mit der
diplomatischen Offensive den Bürgerkrieg in Syrien beenden, Israelis
und Palästinenser versöhnen oder Iran zu einem berechenbaren Spieler
im Nahen Osten machen kann, gibt es nicht. Aber er verdient dafür
konstruktive Unterstützung statt zynischer Besserwisserei.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

501472

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Gewalt im Fußball Halle (ots) - Der Fußball setzt seit Jahren auf den zarten Weg. Der heißt: viel Geld für Präventionsarbeit, aber vergleichsweise milde Strafen - zumindest für die eigentlichen Verursacher von Gewalt: Spieler, Trainer oder Zuschauer. Es ist an der Zeit, dem Problem von der anderen Seite zu Leibe zu rücken. Mit einer neuen Strafen-Politik, die viel härter als gewohnt gegen die eigentlichen Gewalttäter vorgeht und, wenn diese nicht dingfest zu machen sind, auch vor Kollektiv-Sanktionen nicht Halt macht. Wenn Gewalt ein von Gruppendynamik mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: Kommentar: Die Abnicker-CDU Weimar (ots) - Verkehrte Welt: Die SPD wird die Große Koalition inhaltlich dominieren und muss sich durch einen Mitgliederentscheid zittern. Die CDU hingegen räumt viele ihrer Positionen, und auf einem kleinen Parteitag gibt es nicht einmal eine einzige Stimme gegen die Große Koalition. Mehr an Selbstaufgabe ist kaum möglich. Wer in der CDU eigene Meinungen pflegt, wird gnadenlos abgestraft und ausgegrenzt. In den letzten Jahren der Regierung Kohl wurde die CDU wegen ihrer machtorientierten Fügsamkeit als Kanzler-Wahlverein verspottet. mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zur CDU Halle (ots) - Auch durch die nächste Regierung werden sich Merkel und ihre Christ-demokraten schon schaukeln. Höher aber werden die Zustimmungswerte der CDU dabei nicht mehr werden. Die letzte Große Koalition hat nicht nur dem Ansehen der SPD, sondern auch dem der CDU geschadet. Die Partei müsse sich emanzipieren, so hatte Merkel es damals als General-sekretärin formuliert. Nun ist es wieder so weit. Die CDU muss sich emanzipieren, diesmal von Angela Merkel. Sie ist abgeklärt genug, um das zu erkennen und sich nicht erst zum Rückzug mehr...

  • WAZ: Die Ohnmacht der Mobbing-Opfer. Kommentar von Tobias Blasius Essen (ots) - Die peinlichsten Fotos, die heftigsten Partys, die schlimmsten Entgleisungen - nirgendwo verlaufen die Grenzen zwischen Spaß und Ernst, zwischen Neckerei und Straftat derart fließend wie in den sogenannten sozialen Netzwerken des Internets. Die Justiz tut sich schwer, Schritt zu halten mit einer Generation, die Freud, Leid und zwischenmenschliche Abgründe vorwiegend digital auslebt. Wer wie der "Weiße Ring" mit jungen Opfern von Cyber-Mobbing arbeitet und deren Ohnmacht durch allgegenwärtige und auf Jahre unlöschbare mehr...

  • WAZ: Ukraine braucht Neuwahlen. Kommentar von Gudrun Büscher Essen (ots) - Der Kampf an der Spitze der Oppositionsbewegung auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew ist vermutlich Vitali Klitschkos schwerster Kampf. Und es ist nicht zu erwarten, dass der Box-Weltmeister als K.o.-Sieger vom Platz geht. Bestenfalls ist dies ein Kampf, der über die Runden geht und vielleicht mit einem Unentschieden endet. Das könnte, und wäre vernünftig, Neuwahlen bedeuten. Aber was bedeutet schon Vernunft in einem politischen Machtkampf? Es gibt keinen Kompromiss zwischen Präsident Janukowitsch und der Opposition. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht