Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu große Koalition/SPD-Mitgliederentscheid: "Unter dem Weihnachtsstern" von Christian Kucznierz
Geschrieben am 12-12-2013 |
Regensburg (ots) - Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot
ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die
allererste (...) Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein
jeglicher in seine Stadt", heißt es im Lukasevangelium. Das klingt
fast nach dem, was in der SPD in diesen vorweihnachtlichen Tagen
geschehen ist. Man hat abgestimmt, jetzt wird gezählt. Das erste Mal
in der Geschichte hat die Basis der Partei entscheiden dürfen, ob
wir, die Wähler, am Ende auch das bekommen, was wir gewählt haben.
Mal ehrlich: Hat das sein müssen? Aus SPD-Sicht wohl schon. Aber, so
ganz unweihnachtlich: Unter einem guten Stern steht diese Koalition
deswegen nicht unbedingt. Die Sozialdemokraten, eigentliche Verlierer
dieser Wahl, haben geschafft, was gemeinhin nur die CSU zustande
bringt: Alle haben sich nach ihr richten müssen. Das ist eine späte
Genugtuung für die Gabriel-Truppe und es mag ihr helfen, die
kommenden Jahre gut zu überstehen. Nicht zuletzt will der Parteichef
auf seinem Posten bleiben, und das kann er nur, wenn in der Partei
nicht wieder die Flügelkämpfe aufkommen, die während und nach der
letzten großen Koalition der SPD das Leben schwergemacht haben. Geht
alles gut, kann Gabriel am Ende schriftlich belegen, dass seine
Partei doch genau das wollte, was er und die anderen
sozialdemokratischen Minister in Berlin versuchen umzusetzen. Das
klingt auf dem Papier gut, aber mit dem zu erwartenden großen
Rückhalt, den die Genossen ihrer Parteiführung geben, sind wir bei
einem Pro-blem angekommen, unter dem schon die letzte Koalition
zumindest in den ersten Monaten ihrer Amtszeit gelitten hatte: der
Kraftmeierei. Die christlich-liberale Koalition war vor allem eine
Zweckehe, eine Wunschpartnerschaft, bei der aber der Wunsch stärker
war als die Partnerschaft. Die FDP konnte vor Kraft kaum laufen und
glaubte daher, sie müsse sagen, wie man es richtig macht. Ihren
Konter fand sie nicht in der Warten-wirs-ab-CDU von Angela Merkel,
sondern in der vor allem verbal starken CSU. Heute, in der sich
anbahnenden CDU/CSU/SPD-Koalition herrscht dieselbe Ausgangslage, nur
dass die CSU mit dem Bewusstsein einer absoluten Mehrheit auf eine
SPD trifft, die sich schriftlich hat geben lassen, dass sie den
anderen Paroli geboten hat - und damit auch weiter Druck machen wird.
Das ist alles legitim, deutet aber darauf hin, dass die große
Koalition,Teil 3 vor allem mit sich selbst beschäftig sein wird.
Jüngstes Beispiel ist die am Donnerstag aufgetauchte Spekulation,
dass die selbst ernannte CDU-Allzweckwaffe Ursula von der Leyen wohl
Gesundheitsministerin wird, die aber aus dem Arbeitsministerium das
Thema Rente mitbekommt. Im Gegenzug bekommt die SPD offenbar das
Wirtschaftsministerium, das die Energiewende als Thema von einem
CDU-geführten Umweltministerium zugeordnet bekommt. Klar: Jede
Koalition versucht, eine gerechte und zielorientierte Verteilung von
Posten und Aufgaben zu erreichen. Und wenn das hilft, die
Zukunftsfragen besser angehen zu können, dann geht das auch in
Ordnung so. Doch die große Vision, etwas wie eine Agenda 2020, fehlt
dem Koalitionsvertrag, weil er aus der Notwendigkeit geboren wurde,
drei Partner zusammenzubringen, die nicht geplant hatten,
zusammenzuarbeiten. Wie gesagt, Weihnachten steht vor der Tür. Und in
der Weihnachtsgeschichte steht auch, dass drei Weise einem Stern
folgten, der sie am Ende zum Ziel führte. Ein Schelm, wer da an
Sigmar Gabriel, Horst Seehofer und Angela Merkel denkt. Zumindest
sind sie zu dritt. Ihre Weisheit stellen sie hoffentlich bald unter
Beweis. Die Bürger warten schon seit September.
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Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
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