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Badische Zeitung: Euroland hat noch viel Arbeit / Gesunden kann die Währungsunion nur, wenn Paris und Rom endlich umsteuern - Leitartikel von Ronny Gert Bürckholdt

Geschrieben am 13-12-2013

Freiburg (ots) - Fast vier Jahre nach Ausbruch der Eurokrise kann
die Währungsunion die erste gute Nachricht verkünden. Die Chancen
stehen gut, dass Irland erfolgreich an den Finanzmarkt zurückkehrt
und keine weitere Hilfe der Europartner braucht. Die stolzen Iren
gewinnen damit auch ihr Selbstbestimmungsrecht über das nationale
Budget zurück, das sie im Tausch gegen Hilfskredite abgeben mussten.
Die Iren haben schmerzhafte Reformen beschlossen und - was noch
wichtiger ist - sie durchgezogen. Die Unternehmen haben ihre
Kosten gedrückt und sind wettbewerbsfähiger geworden. Die
Neuverschuldung des Staates ist in wenigen Jahren drastisch gesunken,
auch wenn sie noch immer zu hoch ist. Aber so wichtig wie die
Budgetzahlen ist die Glaubwürdigkeit der Haushaltspolitiker eines
Landes. Die Anleger haben guten Grund, die beharrliche Anstrengung
der Iren zu honorieren, zu einer seriösen Haushaltsführung
zurückzukehren. Deshalb sollte Dublin nicht von der Konsolidierung
ablassen, sobald die Kontrollbesuche der Geldgebertroika von
Kommission, Zentralbank und Weltwährungsfonds ausbleiben. Der erste
Erfolg der Eurorettung sollte vor dem mitunter grenzenlosen
Pessimismus schützen, der in den Krisenjahren viele Europäer
befallen hat. Es gibt keinen Grund mehr, ausschließlich die
Unzulänglichkeiten der Eurozone in den Blick zu nehmen. Euroland
macht Fortschritte und investiert unter dem Druck der Krise mehr in
seine ökonomische Gesundung als andere Weltregionen. Dies sollte
trotz aller berechtigter Kritik an den Details der Eurorettung die
deutsche Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen. Auf der anderen Seite
gibt es keinen Grund für Siegesgesten. Die Iren haben mit einer
funktionierenden Steuerverwaltung und einem wettbewerbsfähigen
wirtschaftlichen Kern bessere Startbedingungen für den steinigen Weg
aus der Krise als etwa die Griechen. Zweifel bleiben auch angebracht,
ob im Frühjahr auch das Rettungsprogramm für Spaniens Banken wie
geplant auslaufen kann, ohne dass den Iberern später noch einmal
Hilfe gewährt wird, ihr in Teilen nicht lebensfähiges Finanzsystem zu
stabilisieren oder abzuwickeln. Unklar sind auch die Aussichten für
den Versuch Portugals, den Eurorettungsschirm im Sommer zu verlassen.
Selbst wenn alles klappt, sollte niemand vergessen, dass Mario Draghi
seine schützende Hand über Euroland hält. Seine Ankündigung, notfalls
grenzenlos Staatspapiere von Krisenstaaten zu kaufen, hat die
Finanzierungskosten der Eurozone künstlich gesenkt. Neue Schulden zu
machen, ist billiger, als es sein sollte. Die Staaten unterm
Rettungsschirm stehen wegen der Auflagen und der Kontrolle der
Troika unter großem Reformdruck. Die Staaten außerhalb des Schirms
aber, die auch wettbewerbsfähiger werden müssen, genießen die durch
Draghi verbilligten Kredite, ohne dass ihnen irgendwer Druck macht.
Wer käme da nicht in Versuchung, Reformen zu verschleppen, die vielen
Leuten wehtun? Zuvorderst gilt das für die zweitgrößte
Eurovolkswirtschaft Frankreich. Eine verfehlte Wirtschafts- und
Finanzpolitik in Paris ist Schuld daran, dass sich die ökonomischen
Kennziffern mit beängstigender Geschwindigkeit verschlechtern. Die
Arbeitslosigkeit steigt, das Defizit wird nach oben korrigiert, das
Außenhandelsdefizit vergrößert sich, die Firmen verlieren an
Wettbewerbsfähigkeit - und was tut die Regierung? Sie erhöht die im
internationalen Vergleich ohnehin hohe Steuer- und Abgabenlast. Es
sieht so aus, als wolle Präsident Hollande die nötigen Reformen
nicht beginnen, obwohl er es könnte. Derweil scheint Italiens Premier
Letta die Defizite seiner Heimat zu sehen, aber wegen politischer
Blockaden nicht handeln zu können. So drohen Paris und Rom durch
Untätigkeit die Erfolge Dublins, Lissabons, Athens und Madrids
zunichtezumachen.



Pressekontakt:
Badische Zeitung
Anselm Bußhoff
Telefon: 07 61 - 4 96-0
redaktion@badische-zeitung.de


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