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Westdeutsche Zeitung: Die große Koalition und ihre gewaltigen Aufgaben = von Martin Vogler

Geschrieben am 17-12-2013

Düsseldorf (ots) - Zwei Randaspekte der gestrigen
Regierungsbildung sind bemerkenswert: Etliche Abgeordnete der
Koalition verweigerten Angela Merkel ihre Stimme. Doch der erste
Blick trog, sie kann das Ergebnis trotzdem als gewaltigen Erfolg
verbuchen, wenn sie es mit früheren Legislaturperioden vergleicht. Es
gab sogar noch nie solch einen hohen Kanzler-Wert wie gestern.
Auffällig auch, dass Merkel und alle Minister die Eid-Formel "So wahr
mit Gott helfe" wählten. Ein erfreuliches Bekenntnis zu unserer
christlichen Kultur. Zyniker werden das anders interpretieren. Sie
sagen, diese Regierung, die sich so unsäglich lange zusammengerauft
hat, wird des Beistands von ganz oben bedürfen. Denn sie hat Aufgaben
vor sich, die sind so gewaltig, dass man sie in einem
Koalitionsvertrag eigentlich gar nicht regeln kann. Dazu zählen die
Überalterung der Gesellschaft, die Wahrung der sozialen
Ausgewogenheit in unserer Gesellschaft, die Probleme rund um EU und
Euro sowie die Gefahr, dass Deutschland und ganz Europa politisch und
wirtschaftlich bald keine Rolle mehr spielen. Wenn jemand solche
Herausforderungen bewältigt, dann am ehesten eine starke, große
Koalition. Allerdings muss die sich einig sein. Und da sieht es schon
bei fassbareren Themen nicht gut aus. Da steht zum Beispiel die
Pkw-Maut im Koalitionsvertrag, obwohl jedem Beteiligten klar ist,
dass sie zumindest in dieser Art nicht kommen wird. Da gibt es die
Mindestlohn-Ankündigung, doch bei der konkreten Ausgestaltung dürfte
es zu Reibereien innerhalb der Regierung kommen. Kritik von Außen
gibt es daran sowieso schon genug. Spätestens wenn das Geld knapp
wird, dürfte es neue Diskussion um die angepeilte Rentenregelung
geben. Und um eine Steuerreform - und zwar eine richtige mit klaren
Vereinfachungen und Abschaffung der sogenannten kalten Progression -
scheint sich die Koalition sowieso zu drücken, weil es ein so
konfliktträchtiges Thema ist. Einen Vorgeschmack darauf, dass das
Regieren nicht lange so kuschelig geschehen wird, wie es bislang
scheint, lieferte gestern bereits der Neu-Außenminister Frank-Walter
Steinmeier. Er tönte, "die Vergipfelung der Politik ersetzt nicht
Außenpolitik". Was eine erste Kampfansage an Angela Merkel ist.
Klartext: Künftig mache ich Außenpolitik und nicht mehr Angela
Merkel, wie zu Guido Westerwelles Zeiten. Und er ließ Konkretes
folgen, indem er die bisherige Ukraine-Politik in Frage stellte. Die
Zeit der Harmonie ist also schnell zu Ende gegangen.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de


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