(Registrieren)

Aachener Nachrichten: Kommentar: Richtungsweisend / Das BVG-Urteil zu Garzweiler hat viele Facetten / Von Christian Rein

Geschrieben am 17-12-2013

Aachen (ots) - s gibt kein vom Grundgesetz geschütztes Recht auf
Heimat. Wer Stephan Pütz gestern nach dem Urteil zum
Braunkohletagebau Garzweiler ins Gesicht geschaut hat, der konnte
sehen, wie hart ihn diese Feststellung des Bundesverfassungsgerichts
getroffen hat, mit der seine Klage zurückgewiesen wurde. Der Gang
nach Karlsruhe war für ihn die letzte Hoffnung, doch noch in seinem
Zuhause in Erkelenz-Immerath bleiben zu dürfen. 13 Jahre hat er dafür
gekämpft. Es mag so manchen im Tagebaugebiet gegeben haben, der ihm
kräftig die Daumen gedrückt hat - vergebens. Pütz hat verloren. Man
muss den Hut ziehen vor diesem Mann. Er hat mit seinem Engagement
gezeigt, dass es bei der Braunkohle nicht nur um
Versorgungssicherheit, Energiewende oder politische Konstellationen
(und Macht) geht, sondern am Ende um Menschen, die ihr Hab und Gut
geben müssen, ein Stück ihrer Geschichte, einen Teil ihrer Identität.
Er hat gezeigt, dass dieser Verlust schmerzlich ist und -
Entschädigung hin oder her - nicht so einfach wiedergutzumachen ist.
Auch die Obstwiese des BUND ist perdu: Sie ist dem Tagebau längst zum
Opfer gefallen. Das Gericht hat hier zwar der Klage gegen die
Enteignung stattgegeben, und doch wertet BUND-Geschäftsführer Dirk
Jansen das nur als Teilerfolg, weil der Tagebau selbst nicht gestoppt
wird. Für Garzweiler II dürfte aber auch der Richterspruch zu den
Enteignungen kaum noch Auswirkungen haben, zumal das
Verfassungsgericht den Rahmenbetriebsplan gebilligt hat.
Richtungsweisend ist das Urteil allerdings für andere
Tagebau-Vorhaben, die etwa in Ostdeutschland noch geplant werden.
Oder für die Erdgasgewinnung - auch wenn sich niemand wünschen kann,
dass die umstrittene Fracking-Technik in Deutschland tatsächlich zum
Einsatz kommt. Nun ist der Bund gefordert. Er muss das Bergrecht
überarbeiten. Darüber hinaus müssen angemessene
Rechtsschutzmöglichkeiten geschaffen werden. Dass die Rechte von
Betroffenen im Fall von Enteignungen gestärkt werden, war letztlich
das Einzige, das man vom Urteil des Verfassungsgerichts erwarten
konnte. Ein kompletter Stopp des Tagebaus war nicht realistisch.
Rückenwind für RWE und den SPD-Teil der Landesregierung, der auf
Braunkohle setzt, ist das Verdikt trotzdem nicht. Denn natürlich muss
die Politik bei jedem Umsiedlungsabschnitt neu bewerten, ob der
weitere Abbau von Braunkohle tatsächlich noch erforderlich ist. Die
Rahmenplanung für Garzweiler II wurde Ende der 80er Jahre erstellt
und Anfang der 90er Jahre modifiziert. Die Grundannahmen für den
Tagebau - die Eckdaten der Energieversorgung - haben sich inzwischen
längst verändert. Es gab den Atomausstieg und die Energiewende; der
Ausbau von Wind- und Solarenergie läuft viel besser als erhofft. All
dem muss Rechnung getragen werden. Die Braunkohle ist ein
Auslaufmodell. Der Tagebau Garzweiler ist ein Synonym dafür. Es gibt
fast keine Gründe mehr, das große Loch zu Ende zu baggern.



Pressekontakt:
Aachener Nachrichten
Redaktion Aachener Nachrichten
Telefon: 0241 5101-388
an-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

502985

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Schwarz-grüne Koalition besiegelt Ausgerechnet Hessen ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN Bielefeld (ots) - Die ungewöhnlich spannende Regierungsbildung im Bund hat die Ereignisse in Hessen überdeckt - dabei ist die Bildung der ersten schwarz-grünen Landesregierung in einem Flächenland mindestens genauso aufregend. Ausgerechnet Hessen! Das ist das Bundesland, in dem die Gräben zwischen diesen politischen Lagern am tiefsten waren. Dort ist der nationalkonservative Flügel der CDU zu Hause. Unvergessen bleibt die schändliche ausländerfeindliche Unterschriftenaktion gegen den Doppelpass, mit der Roland Koch im Wahlkampf mehr...

  • Aachener Zeitung: Kommentar: Das ist unverschämt / Zum Lachen oder Weinen: 33 Parlamentarische Staatssekretäre / Von Peter Pappert Aachen (ots) - Kurz, klipp und klar: Was sich Union und SPD leisten, um ihre Leute mit gut dotierten Ämtern zu versorgen, ist einfach unverschämt. Das fing schon im Oktober mit den zwei zusätzlichen Parlamentsvizepräsidenten an und setzt sich nun mit 33 Parlamentarischen Staatssekretären fort. Drei nur für das Verkehrsministerium! Warum nimmt Dobrindt nicht fünf oder acht? Es ist reine Willkür. Diese Posten werden natürlich mit dem angeblich ungeheuren Arbeitsanfall auf den Ministeretagen begründet, sind aber vollkommen entbehrlich. mehr...

  • Thüringische Landeszeitung: VORABMELDUNG: Thüringer Erziehungsgeld soll abgeschafft werden Weimar (ots) - Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) will das Landeserziehungsgeld abschaffen. "Ich finde es sachgerecht, wenn wir es auslaufen lassen", sagte sie der "Thüringischen Landeszeitung" (Mittwochsausgabe). "Die Doppelförderung von Bund und Land halte ich nicht für zielführend", so Taubert. Das Geld solle in allgemeine Familienleistungen fließen. Im Haushalt 2013 werden für das Erziehungsgeld 20,4 Millionen Euro veranschlagt. Durch das seit 1. August gezahlte Bundesbetreuungsgeld von zunächst 100 Euro monatlich mehr...

  • WAZ: Endlich geht es um die Qualität - Kommentar von Birgitta Stauber-Klein Essen (ots) - Zwar ist es noch lange nicht selbstverständlich, den Platz in der Wunsch-Kita zu bekommen. Doch liegt NRW beim Wettlauf um den schnellsten U-3-Ausbau nicht mehr völlig abgeschlagen. Das führt endlich zu einem etwas beruhigteren Blick auf die Lage, der auch mal den Einwand erlaubt: "Und was ist mit der Qualität?" Erzieherinnen verdienen nicht gut genug für die lange Ausbildung von vier Jahren. Längst ist es ein Mangelberuf, gleichzeitig steigen die Ansprüche bei der frühkindlichen Bildung. Es geht um Chancengleichheit, mehr...

  • WAZ: Willy Brandt, Sozialdemokrat - Kommentar von Dietmar Seher Essen (ots) - Fragt man SPD-Mitglieder aus der Generation der heute 60-Jährigen, warum sie einmal in die Partei eingetreten sind, so lautet die Antwort in den allermeisten Fällen: Willy Brandt. Der Mann, der von 1964 bis 1987 als Vorsitzender die SPD führte, füllt noch gut 20 Jahre nach seinem Tod wie kein Zweiter die Herzen der Sozialdemokraten mit Stolz. Helmut Schmidt, der kühle Pragmatiker, ist in der Partei hoch angesehen - Brandt, der heute 100 Jahre alt würde, wird geliebt. Als Brandts heutiger Nachfolger Sigmar Gabriel mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht