Der Fall Max Emden - Abrücken von der "Gemeinsamen Erklärung"?
Geschrieben am 19-12-2013 |
Marburg/New York (ots) - Die Bundesregierung hat Ende November
2013 einen Kompromissvorschlag der Erben des jüdischen Kunstsammlers
Max Emden zur gütlichen Einigung im Umgang mit ihrem
Restitutionsersuchen bezüglich zweier Gemälde des italienischen
Malers Bernardo Bellotto abgelehnt. Emdens Enkel hatten diesen mit
Hinweis auf die auch für den Bund geltende "Gemeinsame Erklärung" zur
Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter
dem zuständigen Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorgelegt.
Max Emden, dessen Unternehmen und Grundbesitz das NS-Regime
beschlagnahmte, wurde ab 1938 dazu gezwungen, seine Kunstsammlung
aufzulösen. Die beiden Gemälde befinden sich heute in staatlichen
Museen.
Der Kompromissvorschlag sah vor, dass der Bund eines der beiden
betroffenen Gemälde behält und eines an die in Südamerika lebende
Familie zurückgibt. Das BMF wies diesen mit Hinweis auf die
"Unverbindlichkeit" der "Gemeinsamen Erklärung" zurück. Der Bund sehe
keine Veranlassung, von der Praxis der früheren gesetzlichen
Rückerstattung abzuweichen. Es ist erstaunlich, dass der Bund die
Bedeutung der Erklärung, die er selbst mit initiiert hat, nun
ignoriert.
Die Erben der Familie Emden fordern, dass der Fall jetzt der 2003
von der Bundesregierung ins Leben gerufenen Limbach-Kommission
vorgelegt wird. Rechtsanwalt Mel Urbach, der gemeinsam mit
Rechtsanwalt Markus Stötzel die Familie vertritt: "Die
Bundesregierung steht in der Pflicht, auch dem Ausland gegenüber, zu
beweisen, wie ernst es ihr damit ist, verantwortungsvoll mit den
Ansprüchen jüdischer Familien umzugehen."
Max Emden, der aus einer alteingesessenen jüdischen Hamburger
Rabbiner- und Kaufmannsfamilie stammte und der in den 20er Jahren ein
europaweites Kaufhausimperium aufgebaut hatte, musste ab 1938,
nachdem die Nationalsozialisten ihn finanziell ruiniert und dabei
sein Unternehmen und seinen Grundbesitz teils beschlagnahmt, teils
Zwangsverkäufen zugeführt hatten, seine umfangreiche Kunstsammlung
auflösen. Die Bellotto-Gemälde gelangten unter Wert an den im Auftrag
Adolf Hitlers tätigen Kunsthändler Karl Haberstock, der sie an die
Privatsammlung Hitlers weiterreichte. 1949 kamen zwei der
ursprünglich drei Bellotto-Gemälde aus der Sammlung Emden über den
Münchener "Collecting Point" (CCP) der Alliierten in die
Treuhandverwaltung des Bundes und wurden in den 60er Jahren, mitsamt
über zweitausend anderer Kunstwerke aus dem CCP-Restbestand,
schließlich Eigentum des Bundes.
Eines der beiden Gemälde, "Zwingergraben in Dresden", hing viele
Jahre als Leihgabe des Bundes in der Villa Hammerschmidt in Bonn. Der
damalige Bundespräsident Horst Köhler gab es an den Bund zurück, als
er von der Provenienz des Bildes erfuhr. Das Gemälde befindet sich
heute im Militärhistorischen Museum in Dresden. Das zweite Bild, eine
Ansicht der "Karlskirche in Wien", ist seit mehr als vierzig Jahren
im Depot des Düsseldorfer Museum Kunst Palast weggeschlossen.
Weil sich der Bund bereits 2005 weigerte, gemeinsam mit den Erben
von Max Emden die Limbach-Kommission anzurufen, und auch ein fünf
Jahre andauerndes Petitionsverfahren beim Deutschen Bundestag zu
keinem Ergebnis führte, haben die Erben Max Emdens 2012 den Schweizer
Kunsthistoriker und NS-Raubkunstexperten Dr. Thomas Buomberger mit
der Anfertigung eines Gutachtens beauftragt. Buomberger, der den Fall
nochmals aufrollte und dabei auch neue Fakten zutage förderte, kommt
zu dem Ergebnis, dass es sich um einen klaren Fall eines durch die
rassische Verfolgung des Verkäufers motivierten Zwangsverkauf
handele, der gemäß der "Gemeinsamen Erklärung" die Rückgabe gebiete.
Das demgegenüber wiederholt vorgetragene Argument des BMF, es habe
sich um einen Verkauf aus dem "sicheren Ausland" heraus - Emden lebte
1938 in der Schweiz - gehandelt, ist nicht haltbar. Denn der Bund
selbst hat bereits 2006 im Rahmen des Bundeshaushaltsgesetzes und
angesichts der Entscheidung der Limbach-Kommission im Fall der
Sammlung Julius Freund festgelegt, dass auch Verkäufe wie im Falle
Emden unter die Kategorie "NS-verfolgungsbedingt entzogen" fallen,
wenn die betroffenen Kulturgüter "ohne physischen Zwang aus einer
wirtschaftlichen Notlage heraus veräußert wurden, unabhängig davon,
ob die Veräußerung innerhalb des Deutschen Reichs oder im Ausland
stattgefunden hat".
Auch das Argument, dass aus "Respekt vor der Entscheidung" des
Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages keine andere
Entscheidung getroffen werden könne, sehen die Familie Emden und
deren Anwälte kritisch: "Die Entscheidung des Petitionsausschusses
wurde auf der Grundlage unvollständiger Fakten gefasst. Jetzt haben
wir mit dem Gutachten des Raubkunst-Experten Dr. Buomberger und den
weiteren Forschungsergebnissen eine neue Situation. Der Bund ist
durch die Entscheidung des Petitionsausschusses keineswegs gehindert
und im Übrigen nach wie vor in der Alleinverantwortung, eine eigene
Entscheidung zu treffen", so Urbach.
Gleiches gelte für das Argument, dass auch amerikanische Museen
Restitutionsforderungen der Emden-Familie bislang nicht positiv
beschieden hätten. "Amerikanische Einrichtungen schauen in erster
Linie auf Deutschland, wenn es um die Wahrnehmung von Verantwortung
in Bezug auf NS-Raubkunst geht. Und warum sollte ein amerikanisches
Museum sich mehr verpflichtet fühlen, wenn Deutschland nicht mit
gutem Beispiel vorangeht?" stellt Rechtsanwalt Stötzel fest. "Private
Sammler und die großen Auktionshäuser haben in den letzten Jahren
wesentlich mehr Verantwortungsbereitschaft auch im Falle Emden
gezeigt, als es die öffentliche Hand tut. Es gab bereits mehrere
Einigungen mit Privatsammlern über Kunstwerke, die Max Emden unter
exakt denselben Bedingungen wie im Falle der beiden Bellotto-Gemälde
verlor. Warum weigert sich ausgerechnet die Bundesregierung, die dazu
- anders als Private - doch von Staats wegen verpflichtet ist, das
Richtige zu tun?"
Pressekontakt:
Rechtsanwalt Markus H. Stötzel
Uferstrasse 11
35037 Marburg
RASTOETZEL@aol.com
Telefon: +49 (0)6421 794-560
Law Offices of Mel Urbach
275 Madison Ave - Suite 1105
New York, NY 10016, USA
MelUrbach@Me.com
Tel: +1 201-984-4720
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
503381
weitere Artikel:
- neues deutschland: Griechischer Journalist: Athen nutzte Krise, um Medienvielfalt zu beschneiden Berlin (ots) - Auch Wochen nach der endgültigen Schließung des
griechischen staatlichen Fernsehsender ERT ebbt die Kritik am
Vorgehen der Regierung in Athen nicht ab. Alexandros Mos, ein
ehemaliger Mitarbeiter des Senders, wirft im Interview mit der
Tageszeitung "neues deutschland" (Freitagausgabe) der griechischen
Regierung vor, die wirtschaftliche Krise im Land genutzt zu haben, um
die demokratische Medienvielfalt zu beschneiden. Durch die
ERT-Schließung habe man die digitalen Fernsehfrequenzen den privaten
TV-Stationen quasi geschenkt. mehr...
- Visuelles Gedächtnis der "Wiener Gesellschaft": Franz Xaver Setzers Porträtfotos im Leopold Museum - BILD Von Stefan Zweig bis Arnold Schönberg, von Grete Wiesenthal
bis Maria Jeritza
Wien (ots) - Einen spannenden Einblick in die mondäne Welt der
Wiener Society der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts gewährt
das Leopold Museum ab sofort im Rahmen der Dauerpräsentation
"Zwischen den Kriegen. Kunst von 1918 bis 1938". Gezeigt wird eine
Auswahl einzigartiger Fotos der 1920er und 1930er Jahre aus dem
Atelier des Wiener Fotografen Franz Xaver Setzer.
Zwtl.: Fotoexperte Piffl: "Außergewöhnliches Zeugnis der Wiener
Kulturgeschichte" mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Musik / Gesellschaft Osnabrück (ots) - Zu Unrecht verkannt
Es stimmt schon: Als Einstiegsinstrument für eine breite Masse
genoss die Blockflöte lange ein unscheinbares Image. Selbst ihre
"größere" Schwester, die Querflöte, glänzte solistisch neben allen
anderen "richtigen" Instrumenten, weil sie im Gegensatz zur Holzflöte
bis ins Erwachsenalter weitergespielt wurde. Doch die Bockflöte
landet nach den Kinderjahren meist als hässlich gebliebenes Entlein
in der Schublade.
Dennoch hat ihre Rolle als Etappeninstrument längst nicht
ausgedient. Angehende mehr...
- Neue OZ: Interview mit dem Scorpions-Sänger Klaus Meine Osnabrück (ots) - Klaus Meine: Süchtig nach Energie durch Fans
Karriereende kein Thema für den 65-Jährigen - Scorpions-Sänger ist
Mützenträger seit heftiger Kopfverletzung - "Den Weihnachtsbaum
musste ich noch nie selbst schlagen"
Osnabrück.- Klaus Meine, Sänger der Scorpions, kann sich noch
nicht mit einem Karriereende anfreunden: "Irgendwann wird der finale
Vorhang schon auftauchen, aber derzeit sind wir gesund und fühlen uns
rundum gut und haben Riesenspaß auf der Bühne. Die Energie, die du
bekommst, wenn du rausgehst und mehr...
- Chris Dercon im art-Interview: "Es geht nicht um globale Integration, sondern um globale Differenzierung" Hamburg (ots) - Chris Dercon, der visionäre Direktor der Tate
Modern, plant ein Museum für die globalisierte Welt. Im Interview mit
art-Redakteurin Ute Thon erklärt er, wie das Kunsthaus der Zukunft
aussehen muss. Es gehe dabei um globale Differenzierung, nicht um
Integration. Zentral ist die Frage "Was sind die Modernismen in
diesen unterschiedlichen Regionen?". Der gebürtige Belgier versucht,
die weltweiten Kunstpositionen in das Programm der Tate Modern zu
integrieren. Seiner Meinung nach gibt es hier eine doppelte
Verpflichtung. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|