(Registrieren)

DER STANDARD-Kommentar: "Eine deutsche Bankenunion" von Thomas Mayer

Geschrieben am 19-12-2013

"Berlin hat sich bei der Bankenunion durchgesetzt - auf Kosten
der EU-Institutionen"; Ausgabe vom 20.12.2013

Wien (ots) - Respekt für die EU-Finanzminister: Es ist ihnen -
trotz der enormen Widersprüche und Widerstände einzelner Länder -
doch gelungen, das Grundgerüst für eine erste Bankenunion rechtzeitig
zusammenzubasteln. Sie wird vor allem dem Euroraum dienen, das System
der gemeinsamen Währung zu stärken. Als Nächstes muss der
Gesamtvorschlag ins EU-Parlament gehen, das in dieser Frage volles
Mitentscheidungsrecht hat - und auch schon einige substanzielle
Abänderungswünsche vorbrachte. Aber die Chancen stehen gut, dass
Gesetzesbeschlüsse noch vor den Europawahlen im Mai 2014 erfolgen.
Die Bankenunion könnte dann also im Herbst 2014 stehen. Anlass zum
Jubel über einen sprichwörtlichen "historischen Schritt", in den
manche nach zwei durchverhandelten Nächten in Brüssel gleich
ausbrachen, gibt es freilich nicht. Das vereinbarte "System" auf drei
Säulen - Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank
(EZB), ein Regelwerk zur Abwicklung maroder Institute und schließlich
Einlagensicherung für die Sparer - ist äußerst kompliziert, und es
ist träge im Entscheidungsablauf. Es wird zehn lange Jahre dauern,
bis die gemeinsamen Fonds für Abwicklung und Einlagensicherung
gefüllt sind. Die Mittel dafür müssen die Banken über fixierte
Beiträge selbst aufbringen. Die größte Schwachstelle ist aber eine
politische: Anders als von den gemeinsamen EU-Institutionen, EZB und
der Mehrheit der Mitglieder vorgeschlagen, ist es nicht gelungen, das
Letztentscheidungsrecht über Sein oder Nichtsein einer grenzenlos
tätigen Bank aus nationalem Zugriff zu befreien. Das geht auf
riesigen deutschen Druck zurück. In Berlin traut man den
Gemeinschaftsinstitutionen nicht über den Weg, wenn es darum geht, in
einer Krisensituation eine für alle Länder verbindliche Konsequenz zu
ziehen - zum Beispiel anzuordnen, dass eine Bank zugesperrt werden
muss. So war das im Gesamtbild auch schon bei den Eurohilfen für
Problemstaaten. Das hat verfassungsrechtliche Hintergründe, die im
deutschen Grundgesetz liegen. Aber es geht dabei vor allem ums Geld.
Die deutsche Regierung wollte nicht zulassen, dass auch nur die
geringsten Mittel zur Bankenrestrukturierung nach Brüssel fließen,
wenn sie selbst nicht die Hand drauf hat. Daraus ist ein
Entscheidungsmechanismus entstanden, den viele für schwer umsetzbar
halten. Neben der EZB-Aufsicht wird es eine Abwicklungsbehörde geben,
die der Kommission Vorschläge macht, die dann Einwände formulieren
kann. Die Letztentscheidung trifft aber der EU-Finanzministerrat,
wieder die Nationalstaaten. Das ist verständlich, aber doch wenig
konsequent, von einer Union zu reden, aber ein Netzwerk vor allem
nationaler Entscheider zu meinen. Um das zu verstehen, muss man auf
den Juni 2012 zurückschauen. Da gaben die Staats- und Regierungschefs
nicht ganz freiwillig den Auftrag zur Gründung einer Bankenunion. In
Spanien drohten wegen der Immobilienkrise Zusammenbrüche, die das
Budget des Staates gefährdeten. Man erkannte, dass Eurohilfen für
Staaten und solche für Banken getrennt werden müssen, und vor allem
die privaten Gläubiger und Anteilnehmer zuerst haften müssen. In
diese Richtung geht es jetzt, und das ist auch gut so. Aber man muss
auch davon ausgehen, dass nationale Egoismen, Schutz- und
Sonderwünsche für die jeweils "eigenen Banken" noch lange bleiben
werden.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

503484

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Chodorkowski-Begnadigung Regensburg (ots) - von Ulrich Heyden, MZ Wladimir Putin kann sich die Freilassung von Michail Chodorkowski leisten, denn um den ehemaligen Yukos-Chef ist es still geworden. Die Protest-Welle für die Freilassung des ehemaligen Öl-Magnaten ist verebbt. Auch die von Liberalen geführte Protestbewegung für faire Wahlen, die Putin als von Washington gesteuert verdammte, gibt es nicht mehr. Im Fall Chodorkowski hat der Kreml-Chef sein Ziel erreicht. Die russischen Unternehmer wissen seit der Verhaftung von Chodorkowski 2003, dass sie mehr...

  • Südwest Presse: KOMMENTAR · WULFF Ulm (ots) - KOMMENTAR · WULFF Gnadenlos Jetzt denke ich einmal laut." Mit Sätzen wie diesem beginnen etliche jener "Rechtsgespräche", in denen Gerichte kundtun, was sie streng genommen vor dem Urteil nicht kundtun dürften: dass ein Prozess zu keinem sinnvollen Ergebnis führt; dass sich die Vorwürfe nicht beweisen lassen; dass es vielleicht besser gewesen wäre, den ersten Schuss des Gefechts nie abgegeben zu haben. Die Zwischenbilanz des Vorsitzenden Richters Frank Rosenow in der Causa Wulff gehört in diese Kategorie. Es ist mehr...

  • neues deutschland: Oppositionsrechte: Bundestagspräsident Norbert Lammert sieht Generalbeschluss als Möglichkeit Berlin (ots) - Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat gegenüber den Parlamentarischen Geschäftsführern von Union, SPD, Linkspartei und Grünen angeboten, die Bemühungen um die Minderheitenrechte der Opposition zu unterstützen. Das berichtet die in Berlin erscheinende Tageszeitung "neues deutschland" (Freitagsausgabe). "Lammert trug als eine Möglichkeit vor, das über einen Generalbeschluss des Bundestags zu regeln", sagte die Linke-Parlamentsgeschäftsführerin Petra Sitte dem "neuen deutschland". Sie geht davon aus, dass der mehr...

  • neues deutschland: Schwarz-rote Rentenpolitik: Arroganz der Macht Berlin (ots) - Schon kurz nach ihrem Antritt ignoriert die Große Koalition die parlamentarischen Abläufe im Bundestag. Union und SPD machen die Ausschusssitzungen, wo in den kommenden Wochen über ihren Gesetzentwurf zu den Rentenbeiträgen beraten wird, zu einer Farce. Denn Änderungen an dem Gesetz sind de facto ausgeschlossen. Dieses soll nämlich schon zu Beginn des nächsten Jahres gelten, bevor es formal überhaupt vom Parlament beschlossen wurde. Eine erste Lesung im Bundestag reicht aus Sicht von Schwarz-Rot aus. Das zeigt die mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Christian Wulff Bielefeld (ots) - Weihnachten 2011. Vor einigen Tagen hat die Bild-Zeitung veröffentlicht, das Ehepaar Wulff habe für seinen Hauskauf einen Kredit von einem Unternehmer bekommen. Jetzt beginnt die mediale Jagd auf Christian Wulff, den mutmaßlichen Schnorrer. Weihnachten 2012. Seit zehn Monaten ist Wulff nicht mehr Bundespräsident, seine Ehe ist am Ende, der Ruf ruiniert. Weihnachten 2013. Christian Wulff kann wieder strahlen. Im Korruptionsprozess gegen den früheren Bundespräsidenten hat Richter Frank Rosenow erklärt, der in der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht