Schwäbische Zeitung: Für Erdogan wird es eng - Leitartikel
Geschrieben am 26-12-2013 |
Ravensburg (ots) - Bislang ist für den türkischen
Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan alles gut gegangen. Vor mehr
als zehn Jahren wurde er erstmals zum Regierungschef gewählt und
seitdem hält er sich mit der Alleinregierung seiner islamischen
AKP-Partei an der Macht. Die säkularen Militärs, die das Land
jahrzehntelang bestimmten, sind von Erdogan in ihre Schranken
verwiesen worden. Außenpolitisch hat die Türkei an Statur gewonnen,
stellt sie doch das Scharnier zwischen Europa und dem Nahen Osten
dar. Und wenn das Gespräch auf die wirtschaftliche Entwicklung kommt,
dann kann der konservative Populist Erdogan auf eine
Erfolgsgeschichte blicken: Im Zuge eines Modernisierungsschubes wurde
die Verschuldung massiv nach unten gedrückt und zeitgleich sind
Wachstumszahlen publiziert worden, die weltweit beeindruckten.
Dennoch hat Erdogan an Ansehen im In- wie im Ausland verloren. Immer
wieder werden Zweifel laut, ob der frühere Bürgermeister Istanbuls
wirklich eine demokratische Türkei in die Europäische Union führen
will. Sein autokratisches Verhalten ist legendär, sei es bei seinen
Anhängern wie seinen Gegnern. Die Proteste rund um den Istanbuler
Gezi-Park hat er niederknüppeln lassen. Auf der Liste der
Pressefreiheit verschlechtert sich die Türkei immer mehr, steht heute
zwischen Mexiko und Swasiland weit hinten. Nun fabuliert Erdogan im
Zuge des Korruptionsskandales von einer Verschwörung aller gegen
seine Mannen. Dabei ist offensichtlich, dass er die Vetternwirtschaft
nicht ernsthaft bekämpft. Dass ein Bankchef den Gegenwert von mehr
als drei Millionen Euro in Schuhkartons zu Hause versteckt, ist nur
ein kleines Indiz. Die Verflechtung zwischen Partei, Militär, Justiz,
Verwaltung und Polizei lassen von einem Staat im Staate sprechen. Die
Türken nennen das "tiefen Staat". Erdogan war angetreten, damit
Schluss zu machen. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Für die
neue Erdogan-treue Regierung wird es eng. Wirtschaftliche Erfolge
reichen alleine nicht aus.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de
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