Westdeutsche Zeitung: Der Fußball ist in der Gegenwart angekommen =
von Lothar Leuschen
Geschrieben am 08-01-2014 |
Düsseldorf (ots) - Darauf hat die Sportwelt gewartet. Darauf, dass
ein Fußballstar sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt. Wir
sehr das Bekenntnis des Thomas Hitzlsperger bewegt, zeigen die Server
vieler Zeitungsverlage. Sie brachen gestern unter der Last der
Anfragen zeitweise zusammen.
Es ist, als habe Hitzlsperger ein Ventil geöffnet. Plötzlich ist
das Thema Fußballprofi und Homosexualität in aller Munde. Wie lebt es
sich als Schwuler in der vermeintlich harten Männerwelt? Welche
Strategien sind notwendig, um nicht entdeckt und womöglich zum
Gespött der Mannschaftskameraden und der Fußballfans zu werden?
Hitzlsperger gibt Antworten auf Fragen, die wahrscheinlich viele
stellen, die sich Woche für Woche von der Faszination dieses Spieles
einfangen lassen. Dass er es erst kurz nach dem Ende seiner Karriere
tat, zeugt zwar nicht gerade von Mut, könnte aber dennoch dazu
führen, dass bald auch ein aktiver Profi seinem Beispiel folgt.
Wenn Hitzlsperger und die anderen homosexuellen Fußballspieler ein
bisschen Glück haben, schließt sich an die zunächst aufgeregte
Debatte schnell die Erkenntnis an, dass die letzte Männerbastion, der
Profifußball, schlicht in der Gegenwart angekommen ist. Außenminister
können homosexuell sein, Bundestagsabgeordnete können schwul sein,
Musik- und Schauspielstars sowieso, es gibt sogar einen Berufsboxer,
der sich zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekannt hat. Und
nun gibt es eben auch einen Ex-Kicker.
Aufgabe von Trainern, Mannschaftskameraden und auch von
Fußballfans ist nun, die Realität einfach anzuerkennen.
Homosexualität ist kein Lebensentwurf, ist keine Frage von
Überzeugung oder Haltung. Homosexualität ist eine Veranlagung. Sie
ist bei manchen Menschen vorhanden, bei den meisten nicht. Manchen,
besonders im Profifußball, fällt es schwer, damit zu leben.
Aber wenn vor allem die Zigtausend in den Stadien der Bundesligen
bereit sind, die Neigung des anderen zu tolerieren, kommt es am Ende
auch im Männersport wieder nur darauf an, worauf es letztlich immer
ankommt: besser spielen, mehr Tore schießen. Gewinnen. Ob ein Spieler
schwul ist oder nicht, ist dem Ball garantiert völlig egal.
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Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
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