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Krankengeld-Betrug: Staatsanwaltschaft Lübeck befürchtet Millionenschaden

Geschrieben am 15-01-2014

Hamburg (ots) - Mehr als 30 Krankenkassen in Deutschland haben in
den vergangenen Jahren vermutlich zu Unrecht Krankengeld an Betriebe
gezahlt, obwohl deren Arbeitnehmer gesund waren. Die
Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt nach Recherchen von NDR Info
gegen mehrere Beschuldigte wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen
Betrugs. Sie sollen systematisch manipulierte Anträge für
Lohnersatzleistungen eingereicht haben. Das von den Kassen daraufhin
ausgezahlte Geld soll auf speziell dafür eingerichtete Konten
umgeleitet worden sein. Die Ermittler gehen von einem Schaden in Höhe
von fast einer Million Euro aus. "Die Summe kann allerdings steigen,
weil die Fälle noch nicht ausermittelt sind", sagte Staatsanwältin
Dorothea Röhl.

Hintergrund ist das 2006 in Kraft getretene
Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG). Danach können sich Unternehmen mit
weniger als 30 Beschäftigten im Falle einer Erkrankung des
Arbeitnehmers bei der jeweiligen Krankenkasse bis zu 80 Prozent des
Lohns und der Sozialversicherungsbeiträge erstatten lassen. Das von
den Arbeitgebern vorher in einen Topf eingezahlte Geld verwalten die
Krankenkassen als Sondervermögen. Nach Angaben des
Bundesgesundheitsministeriums standen 2011 und 2012 für das
sogenannte "Umlageverfahren U1" jeweils annähernd drei Milliarden
Euro zur Verfügung.

Die bei der Staatsanwaltschaft Lübeck laufenden Ermittlungen hatte
die Techniker Krankenkasse (TK) 2012 selber mit einer Anzeige
angestoßen. Ihr waren bei einer internen Prüfung Unregelmäßigkeiten
aufgefallen. So soll unter anderem ein TK-Mitarbeiter ohne Kenntnis
der Arbeitgeber für angeblich erkrankte Arbeitnehmer online
AAG-Anträge gestellt haben. Tatsächlich waren die Beschäftigten
gesund. "Die Tatsache, dass die Formulare zunächst nicht überprüft
werden konnten, fußt auch darauf, dass die Erstattungsanträge für
vier Jahre rückwirkend eingereicht werden können", erklärte
Staatsanwältin Röhl.

Nach Informationen von NDR Info hat es in der Vergangenheit auch
in anderen Bundesländern Betrugsfälle im Zusammenhang mit
AAG-Lohnersatzleistungen gegeben, unter anderem in
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Dabei
reichten allerdings vor allem Arbeitgeber Anträge für Arbeitnehmer
ein, obwohl diese nicht erkrankt waren.

Eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes räumte auf Anfrage von
NDR Info ein, dass gerade Anträge für Arbeitsunfähigkeitszeiten von
bis zu drei Tagen nur sehr schwer zu überprüfen seien: "Das AAG sieht
keine besonderen Kontrollmöglichkeiten vor. Insofern haben die Kassen
keine ausreichende gesetzliche Handhabe, eventuell fingierte
Erstattungsanträge flächendeckend aufdecken zu können. Ihnen bleiben
Stichprobenprüfungen." Nur wenn ein Arbeitgeber häufiger
entsprechende Erstattungsanträge einreiche, könne dies Anlass für
eine intensive Prüfung sein, so die Sprecherin weiter.

Der Gesundheitsexperte Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik
an der Uni Bremen sprach sich für eine Abschaffung des
AAG-Umlageverfahrens in dieser Form aus. "Wenn ich solche Gesetze
sehe, die eigentlich nicht zu kontrollieren sind, dann muss man sie
eigentlich zurückziehen", forderte Glaeske.

Rückfragen an Arne Meyer, NDR Info Reporterpool, Tel.
040/4156-2284.



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Ralph Coleman
Tel.: 040/4156-2302


http://www.ndr.de
https://twitter.com/ndr


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