BERLINER MORGENPOST: Breites Bündnis schaffen/ Ein Leitartikel von Andreas Abel
Geschrieben am 28-01-2014 |
Berlin (ots) - Nun steht also der nächste Volksentscheid in Berlin
an, die Bürgerinitiative "100% Tempelhofer Feld" hat die
erforderliche Anzahl gültiger Unterschriften sammeln können. Dass sie
die Hürde eher knapp genommen hat, sollte aber niemanden zu der
Annahme verleiten, der Volksentscheid sei von vornherein zum
Scheitern verurteilt. Sich mit dem Anliegen der Initiatoren
auseinanderzusetzen, heißt, einen genauen Blick auf dieses einmalige
Terrain zu werfen. Es birgt große stadtentwicklungspolitische Chancen
- aber auch viele Möglichkeiten, Fehler zu machen.
Die Bürgerinitiative möchte das komplette Gelände als Park
erhalten. Wohnungsbau, selbst an den Rändern, lehnt sie ab. Das ist
bei aller Wertschätzung des hohen ökologischen wie des Freizeitwertes
nicht akzeptabel. Wir brauchen in Berlin dringend Wohnungen,
bezahlbare zumal. In Tempelhof eine riesige Freifläche gänzlich
unangetastet zu lassen und auf freie Areale in anderen Kiezen zu
verweisen, ist schlicht egoistisch. Über die Notwendigkeit des
Wohnungsbaus herrscht im parlamentarischen Spektrum Konsens. Und es
dürfte den 100%-Verfechtern schwer fallen, beim Volksentscheid
Berliner von ihrer Sichtweise zu überzeugen, die nicht regelmäßige
Nutzer des Parks sind.
Dennoch muss Stadtentwicklungssenator Michael Müller die
Reaktionen auf das Zustandekommen ernst nehmen und die weitere
Planung einer breiten Bürgerbeteiligung und einer intensiven
politischen Debatte öffnen. Er bietet an, den größten Teil des
Feldes, 230 Hektar, per Gesetz dauerhaft zu schützen. Das ist
wichtig, auch weil das Misstrauen vieler Berliner groß ist. Schon
während des Volksbegehrens entstand der Eindruck: Wenn der Senat dort
erst einmal anfange zu bauen, höre er so schnell nicht auf... Aber
ein Gesetz zur Freifläche allein reicht nicht. Auch die Zahl und
Größe der Wohnungen, die Anordnung der Baukörper, die Architektur -
für all das sollte Müller eine möglichst große Akzeptanz suchen.
In diesem Zusammenhang ist auch der Termin zu sehen, an dem der
Volksentscheid stattfindet. Der Senat sollte dafür den 25. Mai, den
Tag der Europawahl, nutzen. Zum einen sollen sich ja gerade viele
Berliner an der Zukunft des Tempelhofer Feldes beteiligen, zum
anderen würde jede andere Entscheidung wie ein Trick wirken, die
Beteiligung klein zu halten. Diese schon beim letzten Volksentscheid
geführte Misstrauens-Debatte braucht keine Neuauflage.
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Telefon: 030/2591-73650
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