Westdeutsche Zeitung: Bundesverfassungsgericht zu EZB-Anleihenkauf =
von Peter Kurz
Geschrieben am 07-02-2014 |
Düsseldorf (ots) - Auf den ersten Blick wirkt er wie vornehme
Zurückhaltung, der Richterspruch aus Karlsruhe zum Versprechen der
Europäischen Zentralbank (EZB), notfalls unbegrenzt Staatsanleihen
kriselnder Länder zu kaufen. Scheinbar gehorsam beugt sich das
höchste deutsche Gericht und reicht die Entscheidung an den
Europäischen Gerichtshof weiter. Sie ist endgültig Vergangenheit, die
alte Juristenweisheit: Über dem Bundesverfassungsgericht gibt es
keine höhere Instanz, sondern darüber wölbt sich nur noch der blaue
Himmel.
Doch die Verbeugung vor dem Europäischen Gerichtshof ist in
Wahrheit alles andere als gehorsam, sondern erfolgt eher trotzig. Es
wäre nämlich auch eine deutliche Abfuhr der Kläger möglich gewesen:
Eure Klage wird abgewiesen, die EZB-Politik geht in Ordnung. Doch so
kam es nicht. Unmissverständlich bringen die deutschen Richter zum
Ausdruck, dass sie das Versprechen der EZB für gefährlich und für
rechtlich fragwürdig halten. Und dass diese Gefährdung nicht nur an
europäischem Recht zu messen ist, sondern auch deutsche
Verantwortungsträger wie der Bundestag dafür mitverantwortlich sind,
weil sie ebendiese Gefährdung hinnehmen. Sollte die Finanzakrobatik
der Zentralbank eines Tages schiefgehen, können die Karlsruher
Richter sagen: Wir haben euch gewarnt. Aber noch mehr als dieser
argumentative Selbstschutz steckt in diesem Urteil. Jetzt schwebt das
Verfahren weiter, diesmal vor dem Europagericht. Die
Rechtsunsicherheit bleibt.
Und inhaltlich? Hat sich nicht gezeigt, wie großartig die
Ankündigung der EZB zum Anleihenkauf funktioniert? Sie musste bisher
nicht einmal wahr gemacht werden, hatte geradezu beruhigende Wirkung.
Doch muss das nicht so bleiben. Müsste eines Tages doch noch mit
massiven Staatsanleihenkäufen reagiert werden, so hieße das: Es gibt
einen europäischen Finanzausgleich, es kommt zu einer "erheblichen
Umverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten", wie es die Karlsruher
Richter formulieren. Der europäische Steuerzahler und Sparer würde
für den Schlendrian verschuldeter Länder in Haftung genommen - weit
mehr, als dies durch die bisherigen Hilfspakete und die Folgen der
Niedrigzinspolitik schon jetzt der Fall ist.
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