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"Report Mainz": Westfirmen profitierten auch von Zwangsarbeit Minderjähriger in der DDR

Geschrieben am 25-03-2014

Mainz (ots) - Westfirmen profitierten auch von der Zwangsarbeit
Minderjähriger in der DDR. Das berichtet das ARD-Politikmagazin
"Report Mainz" (heute Abend, 25.3., 21.45 Uhr, Das Erste) unter
Berufung auf entsprechende Berichte von Zeitzeugen und aktuelle
Forschungsergebnisse des Experten für DDR-Heimerziehung, Dr.
Christian Sachse. "Es ist überraschend, wie viele Kinder und
Jugendliche für westliche Firmen Zwangsarbeit leisten mussten. Das
geschah vor allem in Jugendwerkhöfen, Durchgangsheimen, in
Jugendgefängnissen und Spezialkinderheimen. Dort haben sie schwere
und gesundheitsgefährdende Arbeiten leisten müssen. Sie haben dafür
so gut wie kein Entgelt bekommen. Damit konnte sich die DDR als
Billiglohnland im Westen präsentieren. Insgesamt kann man dieses
Phänomen nur als Ausbeutung bezeichnen", sagte Sachse im Interview
mit "Report Mainz". Waren bezogen den Zeitzeugenberichten zufolge
Firmen wie der Elektrogerätehersteller AEG, die Versandhäuser Otto,
Quelle und Neckermann sowie der Knäckebrothersteller Wasa.

Die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen und die
Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur in Brandenburg,
Ulrike Poppe, erklärte im Interview mit "Report Mainz", Westfirmen
müssten nun ihre Verantwortung klären: "Für die Westfirmen war die
DDR ein Billiglohnland, wo man gute Profite machen konnte, und es hat
diese Firmen natürlich wenig interessiert, wer da im Einzelnen tätig
war und ob da vielleicht Kinder und Jugendliche aus Heimen waren. Wer
mit Firmen in einer Diktatur Geschäfte macht, sollte von vornherein
misstrauisch sein und ist umso mehr verantwortlich auch dafür, unter
welchen Bedingungen produziert worden ist." Sie forderte betroffene
Firmen auf, sich am DDR-Heimkinderfonds zu beteiligen: "Ich hoffe,
dass westliche Firmen auch dazu bereit sind, zu prüfen, inwieweit
haben wir da was versäumt und inwieweit können wir der Verantwortung
im Nachhinein gerecht werden, indem wir in den Heimkinderfonds
einzahlen", sagte Poppe.

Zeitzeugen schildern im Interview mit "Report Mainz", dass sie als
Jugendliche in so genannten Jugendwerkhöfen der DDR in den 70er und
80er Jahren auch für Westfirmen Zwangsarbeit leisten mussten. Demnach
produzierten Minderjährige aus dem Jugendwerkhof Crimmitschau bei
Chemnitz für den VEB Volltuchwerke Crimmitschau, der unter anderem an
die Firmen C&A, Quelle, Otto und Neckermann im Westen exportierte.
Jugendliche aus dem berüchtigten geschlossenen Jugendwerkhof Torgau
sollen demnach für den Elektrogerätehersteller AEG Teile für
Elektroherde gefertigt haben. Jugendliche aus dem Jugendwerkhof Burg
bei Magdeburg gaben an, im VEB Burger Knäckewerk Zwangsarbeit
geleistet zu haben. Einem Zeitzeugenbericht zufolge wurde dort
Knäckebrot für die Firma Wasa produziert und verpackt.

Die Unternehmen erklärten auf Anfrage, sie hätten davon nichts
gewusst. Die Firma AEG teilte mit: "Electrolux hat den
Geschäftsbereich AEG Haushaltsgeräte der ehemaligen und inzwischen
nicht mehr existierenden AEG AG erst im Jahr 1994 gekauft, also
etliche Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands." Generell
lehne Electrolux Kinderarbeit "in jeglicher Form ab". Wasa erklärte
auf Anfrage: "Wasa wurde im Jahr 1999 von der Firma Barilla erworben
und wird seither im Sinne der moralischen Werte und Philosophie von
Barilla geführt. Die Firma Barilla distanziert sich deutlich von
jeglicher Form von Kinder- und Jugendarbeit und verurteilt diese
stark." Otto erklärte, die Vorwürfe seien "für uns neu". "Wir haben
nun umgehend damit begonnen, intern zu recherchieren." Dies benötige
jedoch Zeit. Man werde dazu einen Forschungsantrag bei der
Stasi-Unterlagenbehörde stellen. Über die Einkaufspraxis bei
Neckermann und Quelle könne man keine Angaben machen, weil Otto
lediglich die Markenrechte dieser Firmen erworben habe. C&A teilte
mit, man habe "keine direkten Lieferbeziehungen zu
Herstellungsbetrieben in der ehemaligen DDR" unterhalten. Ein
direkter Kontakt habe "ausschließlich zu lizenzierten
Handelsvertretungen sowie zu der für die Textilwirtschaft zuständigen
DDR-Handelsgesellschaft 'Textilkommerz'" bestanden.

Weitere Informationen unter SWR.de/report. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.


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