phoenix-Programmhinweis: Im Dialog - Michael Krons mit Christopher Clark - Freitag, 28. März 2014, 24.00 Uhr
Geschrieben am 26-03-2014 |
Bonn (ots) - Der bekannte Historiker Christopher Clark erkennt in
der aktuellen Verschärfung des Konflikts zwischen Ost und West
Parallelen zu der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Auch wenn er keine
unmittelbare Kriegsgefahr sieht, warnt er davor, die Situation zu
unterschätzen. Es gebe jedoch auch viele Kontraste zur Zeit vor 1914,
da bei der aktuellen Krise kein Kräftegleichgewicht wie damals
herrsche. "Der Westen ist der Starke, Russland ist in einer deutlich
schwächeren Position. Putins urplötzliche Eingriffe sind eigentlich
ein Zeichen der Schwäche, nicht der Stärke. Es ist ein Symptom der
Verzweiflung."
Mit seinem Buch "Die Schlafwandler" hat der gebürtige Australier
weltweit Aufmerksamkeit erregt. Er analysiert darin die Gründe für
den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und stellt die alleinige
Kriegsschuld der Deutschen in Frage, die über Jahrzehnte die
Geschichtsschreibung dominiert hatte. "Ich möchte die deutsche
Staatsführung überhaupt nicht freisprechen, es gab viele
Entgleisungen, viele falsche Schritte. Aber eben nicht nur bei den
Deutschen." Die damaligen Verantwortlichen seien "in dem Sinne
Schlafwandler, dass sie für den breiten Rahmen ihres Tuns, für die
breiteren Konsequenzen ein schrecklich unterentwickeltes Bewusstsein
hatten".
Clark ist Experte für europäische Geschichte und lehrt seit 2008
als Professor für "Modern European History" an der University of
Cambridge. Im Dialog mit Michael Krons schätzt er die Lage auf der
Krim als heikel und schwierig ein, glaubt jedoch nicht, dass Europa
in einen Flächenbrand hineinzugeraten drohe. "Nur einer will
eskalieren. Die anderen wollen bremsen, Druck ausüben. Auf der
westlichen Seite sucht man immer noch die Kanäle der Kommunikation.
Die wirkliche Hauptgefahr ist, dass man in Erwartung eines bösen
Ausgangs diesen Ausgang wahrscheinlicher macht."
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