DER STANDARD-Kommentar: "Unser Platz im Mittelmaß" von Michael Völker
Geschrieben am 01-04-2014 |
Von der Schule bis zur Regierung: Es werden Zustände verwaltet
(ET Ausgabe 02.04.2014)
Wien (ots) - Österreich suhlt sich in der Mittelmäßigkeit, auch
dieses Mal wieder: Im Kompetenzbereich "Problemlösen" liegen die
österreichischen Schüler im internationalen Mittelfeld. Das ist das
Ergebnis einer Teilauswertung einer Pisa-Studie, die im Jahr 2012
durchgeführt und jetzt veröffentlicht wurde. Es ist nicht wirklich
überraschend, manch einer wird sogar aufatmen. Wir sind nicht
schlecht. Immerhin.
Allerdings: Wir sind auch nicht gut. Wir sind Mittelmaß. Wie
unsere Regierung. Die zeigt auch keine Ambition, duckt sich weg in
der Mittelmäßigkeit. Statt aufzuzeigen und die Herausforderung zu
suchen, werden Zustände verwaltet und Probleme kleingeredet.
Der Pisa-Test ist sinnbildlich ein gutes Beispiel für die
Bundesregierung, für die Verwaltung, für den Umgang mit
Herausforderungen. Diesmal wurden nicht Disziplinen wie Mathematik
oder Naturwissenschaften getestet, sondern der Kompetenzbereich
Problemlösen. Ein Feld also, bei dem es nicht nur ums Lernen, ums
Auswendiglernen, um fachspezifisches Wissen, um Fleiß und Eifer geht,
sondern das lebensnah ist: Probleme erkennen, angehen und lösen. Dazu
braucht man Verstand und Verständnis, Kreativität und vielleicht
Erfindergeist, eigenständiges Denken. Wichtige Voraussetzungen nicht
nur für die Schule, sondern für das Leben, für die Wirtschaft, für
die Wissenschaft, für den Beruf. Simples Beispiel: So mussten an
einem virtuellen Fahrscheinautomaten bestimmte Tickets gekauft oder
auf einer Straßenkarte die schnellste Route von einem Ort zum anderen
identifiziert werden.
Ganz typisch ist, wie die Regierung nun mit dem Pisatest verfährt,
der innerhalb der OECD-Staaten koordiniert wird und alle drei Jahren
stattfindet. Österreich will nicht besser werden. Österreich bemüht
sich nicht, die Leistung zu verbessern, die Kompetenz zu erhöhen,
Schüler und Lehrer zu fordern, Anreize zu setzen, das System zu
verbessern, am Lehrplan zu arbeiten.
Österreich steigt aus dem Pisa-Test aus. Österreich taucht
sozusagen in der Mittelmäßigkeit unter und versucht sich
bildungsmäßig unsichtbar zu machen. Keine Leistungstests mehr, keine
Vergleiche. Lieber still und stumm weiterwursteln, ohne dass jemand
zusieht und Noten vergibt.
Das ist blamabel. Egal, ob man das aus einem nationalen
Sichtwinkel betrachtet oder aus der internationalen Perspektive:
Diese österreichische Form der Problemlösung ist nicht kreativ, diese
Form der Verweigerungshaltung ist armselig.
Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek steht für diese
mutlose Art der Politik, und man kann sich nur wundern. Sie hat unter
der fadenscheinigen Ausrede eines Datenlecks, das mit der Pisa-Studie
in keinem Zusammenhang steht, die Teilnahme an dem internationalen
Testverfahren aufgekündigt. Es ist überraschend, wie schnell
Heinisch-Hosek in ihrer neuen Rolle als Unterrichtsministerin ihren
Kredit als kompetente und problemlösungsorientierte Politikerin
verspielt und ohne große Not der Überforderung Platz eingeräumt hat.
Der Mut, den Heinisch-Hosek als Frauenministerin noch hatte, als
sie Forderungen in den Raum stellen konnte, denen ohnedies nicht
nachgekommen wurde, ist ihr in jenem Ressort, in dem es an die
Machbarkeit und um Umsetzung geht, abhandengekommen. Sie richtet sich
in der Mittelmäßigkeit ein. Die Verösterreicherung hat von ihr Besitz
ergriffen.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
520314
weitere Artikel:
- Tarifeinigung öffentlicher Dienst 2014
Russ: Zentrale Gewerkschaftsforderungen durchgesetzt Berlin (ots) - "Reale Einkommenszuwächse für alle und eine
wirksame soziale Komponente: Wir haben viel erreicht, mehr als viele
anfangs für möglich gehalten haben." Willi Russ, der
dbb-Verhandlungsführer, hat die Tarifeinigung der Gewerkschaften mit
den Arbeitgebern von Bund und Kommunen am 1. April 2014 in Potsdam
als wichtigen Erfolg gewertet. Beeindruckende Warnstreiks und
konstruktive Verhandlungsrunden sind Kennzeichen dieser
Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst gewesen. Russ: "Das
hohe Tempo hat uns dabei nicht geschadet, mehr...
- Märkische Oderzeitung: Die "Märkische Oderzeitung" in Frankfurt (Oder) schreibt zur möglichen Stationierung von Nato-Truppen in Polen: Frankfurt/Oder (ots) - Polens Außenminister fordert von der Nato
die Stationierung von Bodentruppen in seinem Land. Aus polnischer
Perspektive ist diese Haltung sehr verständlich. Zum einen, weil das
Land mehrfach in seiner Geschichte von Moskau bevormundet oder
beherrscht worden ist. Zum anderen, weil man es merkwürdig findet,
dass der Westen die Annexion der Krim mehr oder weniger akzeptiert
hat. Auch die Debatte, ob Gorbatschow 1990 das Versprechen erhielt,
die Nato nicht nach Osten zu erweitern, kommt in Polen gar nicht gut
an. mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Pisa-Test - Längst nicht nur eine Aufgabe der Lehrer
Ein Kommentar von Peter Kurz Düsseldorf (ots) - Ihr lernt nicht für die Schule, sondern fürs
Leben - so wird es Schülern schon immer gesagt. Und schon immer
zweifeln diese angesichts des oft wirklichkeitsfernen Lernstoffs an
der Ernsthaftigkeit dieses Hinweises. Dass die Schule gerade nicht
besonders effektiv aufs Leben vorbereitet, scheint der neueste
Pisatest zu bestätigen. Das Ergebnis ist aktuell wie vor 2000 Jahren.
Denn da hat der zitierte Rat seinen Ursprung. Der römische Denker
Seneca meinte ihn nämlich gerade umgekehrt: "Nicht fürs Leben,
sondern für mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Tarifabschluss im öffentlichen Dienst
Freud und Leid
BERNHARD HÄNEL Bielefeld (ots) - Das kann sich sehen lassen: 5,5 Prozent mehr für
die Bediensteten beim Bund und in den Kommunen kommen dem nahe, was
gemeinhin ein Schluck aus der Pulle genannt wird. Auch angesichts der
deutlich gesunkenen Inflationsrate und ebenso vor dem Hintergrund der
um 1,2 Prozent gesunkenen Reallöhne in NRW im vergangenen Jahr.
Natürlich sind nicht alle Bäume in den Himmel gewachsen, doch der
tabellenwirksame Mindestbetrag von 90 Euro führt zu einer
überdurchschnittlichen Gehaltserhöhung bei den unteren
Einkommensgruppen von mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar:Frankreichs neuer Regierungschef
Zu Höchstem berufen
PETER HEUSCH, PARIS Bielefeld (ots) - Neue Besen kehren gut, weiß das Sprichwort.
Wobei es eines sehr großen Besens bedarf, um den Scherbenhaufen
fortzufegen, den Hollandes Politik in Frankreich bislang aufgetürmt
hat. Manuel Valls könnte da der Mann der Stunde sein. Ganz im
Gegensatz zu dem Zauderer im Élysée-Palast glänzte er als
Innenminister des zurückgetretenen Kabinetts mit Entscheidungsfreude
und Durchsetzungsvermögen. Und er bringt er noch etwas mit, was dem
unbeliebtesten Präsidenten der V. Republik dramatisch abgeht:
konstant hohe Popularitätswerte. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|