Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: DGB-Chef Hoffmanns erste Grundsatzrede
Zurück zur Kernkompetenz
Alexandra Jacobson, Berlin
Geschrieben am 13-05-2014 |
Bielefeld (ots) - Reiner Hoffmann durfte als neuer DGB-Chef
sogleich eine wichtige Erfahrung machen: Für den Vorsitzenden des
Dachverbands wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Wenn sich große
Einzelgewerkschaften wie etwa Verdi und die IG Metall querlegen, ist
der Chef machtlos. Hoffmanns Versuch, die Tür für ein Gesetz zur
Tarifeinheit offen zu halten, scheiterte. Zu tief war die Angst der
Delegierten, sich mit Einschnitten in das Streikrecht und in die
Koalitionsfreiheit ins eigene Fleisch zu schneiden. Für die
Arbeitgeber ist das eine schlechte Nachricht, denn vor allem sie
hatten sich für eine Entmachtung der kleinen Spartengewerkschaften
zum Beispiel bei den Piloten oder Lokführern eingesetzt. Die Große
Koalition muss nun überlegen, ob sie noch ein Gesetz zur Tarifeinheit
auf den Weg bringen will. Doch von dieser Kontroverse abgesehen war
die Harmonie groß bei diesem Parlament der Arbeit. Die Gewerkschafter
sind mit sich und der Welt zufriedener als sonst. Der neue
Vorsitzende Hoffmann zerstreute in seiner Grundsatzrede allerdings
den Eindruck, es gebe nun nichts mehr zu tun. Eine lange Liste von
Vorhaben zählte er auf. Der Mann hat sich viel vorgenommen. Im
Zen-trum stehen für ihn die Arbeitsbedingungen im Betrieb. Mit der
"Neuen Ordnung der Arbeit" wollen sich die Gewerkschaften auf ihre
Kernkompetenz besinnen. Die Schwerpunkte überzeugen: Betriebsräte
sollen auch bei Leiharbeit und Werkverträgen mitreden dürfen, die
Mitbestimmung soll auf allen Ebenen gestärkt und die Humanisierung
der Arbeit vorangetrieben werden. Hoffmann ist nicht so emotional wie
sein Vorgänger Sommer. Er spricht eher den Kopf als das Herz an.
Leidenschaft zeigte er für das vereinte Europa, das er nicht den
Rechtspopulisten überlassen will. Manche Dinge muss der Neue erst
lernen. So gehört es zu den Errungenschaften von Michael Sommer, dass
er den DGB parteipolitisch unabhängig aufgestellt hat. Diese
überparteiliche Perspektive hat Hoffmann noch nicht verinnerlicht.
Dass er einzig die SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles aus dem
Kabinett Merkel lobend erwähnte, wird unter der Berliner Käseglocke
kritisch registriert. Aber das war vermutlich nur ein Anfängerfehler.
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