Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums wegen Korruptionsverdacht
Geschrieben am 15-05-2014 |
Berlin (ots) - Referatsleiter soll durch Ehrung Vorteil angenommen
haben / Ermittlungen beleuchten das verschwiegene Netzwerk der
Luftfahrtbranche
Berlin, 15. Mai 2014 - Die Berliner Staatsanwaltschaft hat
Ermittlungen gegen den langjährigen Luftfahrt-Referatsleiters im
Bundeswirtschaftsministerium sowie zwei Spitzenmanager der
Luftfahrtforschung wegen des Verdachts der Korruption eingeleitet.
Dies berichtet das Wirtschaftsmagazin 'Capital' heute in seiner
Online-Ausgabe (http://www.capital.de/themen/harte-landung.html). Ein
Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin bestätigte entsprechende
Recherchen: "Wir ermitteln gegen einen Mitarbeiter des
Bundeswirtschaftsministeriums wegen möglicher Vorteilsannahme und
gegen weitere Personen wegen Vorteilsgewährung. Die Untersuchung
dauert an."
Die Ermittlungen werfen ein Schlaglicht auf ein besonders
verschwiegenes und erfolgreiches Netzwerk der deutschen Wirtschaft.
In den vergangenen zehn Jahren hat der Bund seine Förderung der Luft-
und Raumfahrtbranche kräftig aufgestockt. Offiziell geht es dabei
stets um Forschungs- und Entwicklungsprojekte, tatsächlich aber
fließt ein Großteil der Gelder in die Entwicklung neuer Produkte und
Technologien durch den Flugzeugbauer Airbus (früher EADS) und einige
wenige Forschungseinrichtungen. Seit 2004 gewährte der Bund so über
eine Milliarde Euro an Fördergeldern, die konkreten Projekte werden
aber seit 2005 nicht mehr veröffentlicht. Die Förderung beschäftigt
immer wieder auch die Welthandelsorganisation WTO, bei der sich die
Flugzeugbauer Airbus und Boeing regelmäßig gegenseitig versteckter
Staatshilfen bezichtigen.
Dem Leiter des Luftfahrtreferats und der Geschäftsstelle des
Koordinators für Luft- und Raumfahrt, Franz-Josef Mathy, wird nun
vorgeworfen, 2009 eine hohe Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft
für Luft- und Raumfahrt (DGLR) entgegengenommen zu haben. Die DGLR
ist eine der wichtigsten Lobbyvertretungen der Luft- und
Raumfahrtforschung in Deutschland. Mathy habe "sich immer für das
deutsche Netzwerk eingesetzt" und habe geholfen "die Mittel für die
Forschungs- und Technologieförderung in der Luftfahrt in den letzten
Jahren deutlich zu steigern". Gehalten wurde die Laudatio von
DGLR-Vorstand Rolf Henke, unterzeichnet war die Urkunde von Joachim
Szodruch, dem damaligen DGLR-Präsidenten. Auch gegen sie wird nun
wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung ermittelt.
Neben seinem Posten bei der DGLR arbeitete Szodruch zum Zeitpunkt
der Preisverleihung auch im Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft-
und Raumfahrt (DLR). Das Forschungszentrum bewertet für das BMWi
Forschungsanträge und erhielt in Mathys Amtszeit selbst mehr als 100
Millionen Euro für die Forschung. Ein Jahr nach der Preisverleihung
stieg auch Henke zum Vorstand beim DLR auf. Airbus, das den Abend der
Preisverleihung sponserte, sowie der Vorgängerkonzern EADS erhielten
von den Fördergeldern rund 500 Millionen Euro.
Die Ehrung mit der "Korrespondierenden Mietgliedschaft" bei der
DGLR ist zwar nur mit einem geringen finanziellen Vorteil von
jährlich 125 Euro verbunden. Wichtiger ist das Prestige, in einer
Reihe mit den Pionieren der Luft- und Raumfahrt wie Sigmund Jähn
genannt zu werden. Doch Beamten ist es dienst- und strafrechtlich
verboten, selbst kleine Geschenke anzunehmen. Dazu gehören auch
immaterielle Vorteile wie Ehrungen. Transparency-Vorstandsmitglied
Gisela Rüß sagte, Ehrungen seien in allen Beamtenrichtlinien als
"Vorteil" eingestuft. Sollten die Vorwürfe zutreffen, "herrscht in
den Kreisen entweder großes Unwissen darüber, was Korruption
eigentlich ist - oder man ist sich seiner Sache allzu sicher".
Bemerkenswert ist auch, dass Mathy zum Zeitpunkt der
Preisverleihung 2009 überhaupt noch auf seinem Posten war. Die
Antikorruptionsrichtlinien der Bundesregierung schreiben nämlich vor,
dass Beamte auf "besonders korruptionsgefährdeten" Posten nach fünf
Jahren ihre Aufgaben wechseln. Erst im Sommer vergangenen Jahres
wurde Mathy dann versetzt. Er leitet nun im Wirtschaftsministerium
das Airbus-Referat. Das Wirtschaftsministerium wollte sich auf
'Capital'-Anfrage nicht zu den Ermittlungen äußern. Szodruch und
Henke bestreiten, dass es sich bei der Ehrung um Vorteilsgewährung
handeln könnte.
Pressekontakt:
Timo Pache, Redaktion 'Capital',
Tel. 030/220 74-5125, E-Mail: pache.timo@capital.de
www.capital.de
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