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Börsen-Zeitung: Staat im Dilemma, Kommentar zum Verbraucherschutz von Angela Wefers

Geschrieben am 22-05-2014

Frankfurt (ots) - Eine lange Liste zusätzlicher Informationen
sollen nach dem Willen der schwarz-roten Koalition Anbieter von
Vermögensanlagen künftig liefern. Sie sollen Verbraucher vor
Pleitefällen im grauen Kapitalmarkt wie dem des Windfinanzierers
Prokon schützen. Dem aufgeklärten Anleger wird es helfen, wenn er
künftig auch unterjährig über wichtige Geschäftsvorfälle unterrichtet
werden muss, und dies auch noch nach der Vertriebsphase, wenn Rück-
oder Zinszahlung in Gefahr geraten. Ob solche Vorgaben den Fall
Prokon verhindert hätten, ist fraglich.

Die schwarz-rote Koalition steht vor einem Dilemma. Eine Offensive
für mehr Transparenz schützt Anleger, die lesen, verstehen und sich
damit auseinandersetzen, wohin ihr Geld fließt. Vielfach berufen sich
kleine Privatanleger aber darauf, sie hätten - angelockt von
irreführender Werbung - die Folgen ihres Handelns nicht einschätzen
können. Wer nicht lesen will oder nicht verstehen kann, dem ist auch
nicht mit zusätzlicher Information geholfen. Bei Prokon stand im
sogenannten "Beipackzettel" schwarz auf weiß der Hinweis auf einen
möglichen Totalverlust.

Die Politik träumt davon, auch solche Anleger schützen zu können,
die die Verantwortung abgeben. Dafür soll die Finanzaufsicht BaFin
künftig mehr Rechte erhalten, um etwa während des Verkaufsprozesses
Missstände bei der Werbung zu unterbinden oder
Vertriebsbeschränkungen und -verbote auszusprechen. Sie soll bei
Verstößen gegen das Vermögensanlagegesetz schwarze Schafe auch früher
an den öffentlichen (Internet-)Pranger stellen dürfen. So weit, so
gut.

Je mehr aber der Staat via Aufsichtsbehörde beim Anlegerschutz in
der Pflicht steht, desto mehr gerät er auch bei eigenen Versäumnissen
in die Haftung. Die trügerische Vorstellung eines staatlich
abgefederten Rundum-sorglos-Pakets wird das Empfinden von Anlegern,
selbst Verantwortung übernehmen zu müssen, noch senken. Verstärkt
wird dieser Paradigmenwechsel durch das Vorhaben, die BaFin neben der
Aufsicht über den regulierten, weißen Kapitalmarkt als Aufsichtsziel
auch mit dem kollektiven Verbraucherschutz zu betrauen.

Würde wenigstens der Steuerzahler für Fehler der staatlichen
Aufsichtsbehörde aus einem politisch gewünschten Ziel haften, wäre
die Welt zumindest halbwegs in Ordnung. Da die BaFin aber von den
Finanzakteuren des weißen Kapitalmarkts finanziert wird, müssten
diese für Fehler aus dem grauen Markt geradestehen. Es ist höchste
Zeit, dann auch über das Finanzierungsmodell der BaFin zu reden.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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