BERLINER MORGENPOST: Gabriels Erfahrung mit der Realität / Leitartikel von Jochim Stoltenberg
Geschrieben am 11-06-2014 |
Berlin (ots) - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wäre ein
bisschen mehr Mut zu wünschen gewesen. Als Freund klarer Worte hätte
es ihm gut zu Gesicht gestanden, den Rüstungsexportbericht 2013
selbst vorzustellen und dies nicht einem Staatssekretär, der
Parteimitglied seines Vorgängers Philipp Rösler (FDP) ist, zu
überlassen. Auch wenn richtig ist, dass der Rekordwert für
militärische Ausfuhren ausnahmslos noch von der schwarz-gelben
Koalition genehmigt wurde, hätte Gabriel die Präsentation nutzen
sollen, um erste konkrete Restriktionen, zumindest Ansätze neuer
Leitlinien, zu verkünden. Immerhin wurde er als SPD-Parteichef im
Wahlkampf nicht müde, gegen Rüstungsexporte zu polemisieren. Nun
macht er als Minister offenkundig die Erfahrung, die so viele
Oppositionspolitiker machen, wenn sie Verantwortung übernehmen
müssen. Die Realität sieht eben oft anders aus als die reine Lehre
eines Wahlprogramms. Von dieser Widersprüchlichkeit kündet auch sein
Vorwort zum Rüstungsexportbericht, zu dem Gabriel sich immerhin
aufraffen konnte. "Zweifelhafte Geschäfte" würde er nicht genehmigen.
Aber was ist "zweifelhaft" in einer Welt, die von einer auch unsere
Sicherheit gefährdenden zunehmenden Instabilität gekennzeichnet ist?
Immerhin räumt der Minister ein, dass Waffenausfuhren ein Instrument
der Sicherheitspolitik sind. Das betrifft weniger die Exporte in
Nato- und EU-Staaten, die wegen gemeinsamer Werte unproblematisch
sind. Der Streit betrifft sogenannte Drittländer wie Saudi-Arabien,
aber auch Indonesien und Algerien. Alle keine lupenreinen
Demokratien. Aber es sind Staaten, die geostrategisch wichtig sind,
die uns verlässlich Öl und Gas liefern. Deren Sicherheitsinteressen
dürfen uns nicht gleichgültig sein. Wie dramatisch sich fast täglich
die weltpolitische Lage zuspitzt, macht die Eroberung der
zweitgrößten irakischen Stadt Mossul durch Islamisten deutlich.
Deutschland kann seine Hände in Unschuld waschen. Das mag manches
Gewissen beruhigen. Besser wird die Welt dadurch nicht. Im Gegenteil.
Mit zu restriktiven Regel für den Waffenexport überlassen wir
Lieferanten das Feld, die weit weniger Skrupel haben. Deutsche
Rüstungsexporte haben sich an geostrategischen Überlegungen wie an
nationalen Interessen zu orientieren. Eine so gewichtige Rolle, wie
Kritiker behaupten, spielen sie ohnehin nicht. Ihr Wert erreicht 5,8
Milliarden Euro, Deutschlands Exporte insgesamt gut eine Billion
Euro.
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BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
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