Westdeutsche Zeitung: Justiz muss sich Kontrolle gefallen lassen
Ein Kommentar von Peter Kurz
Geschrieben am 22-06-2014 |
Düsseldorf (ots) - Kameras im Gerichtssaal sind tabu. Nur in
Ansätzen wurde dieser eherne Grundsatz bislang durchbrochen. So
lassen sich Verfassungsrichter bei der Urteilsverkündung filmen, in
spektakulären Prozessen dürfen Kamerateams Bilder machen - vor
Verhandlungsbeginn. Aber den Prozess im Fernsehen zu übertragen, so
wie in den USA oder Südafrika (Fall Pistorius), wäre hierzulande
undenkbar.
Das verbietet nicht nur das Gesetz, auch gute Gründe sprechen
dagegen: Allen voran die Prangerwirkung, die dies für den Angeklagten
hätte. Auch würde sich das Aussageverhalten von Zeugen verändern,
wenn diese sich bewusst sind, dass ein Millionenpublikum live dabei
ist. Hätten TV-Sender freie Hand, bestimmte Szenen des Prozesses oder
das Verhalten von Richtern, Verteidigern oder Staatsanwälten nach
ihren eigenen Dramaturgieregeln aufzubereiten, so wäre das
verhängnisvoll. Schnell würde eine ganz eigene Wahrheit herauskommen,
einer Manipulation der Öffentlichkeit würde Vorschub geleistet.
All dies spricht zwar gegen TV-Kameras im Gerichtssaal. Nicht
indes dagegen, den Prozess nur in einen Nachbarraum des
Gerichtssaales zu übertragen. Der Vorstoß des NRW-Justizministers,
dies zu erlauben, ist daher richtig.
Es gibt Prozesse, da reichen Gerichtssäle nicht aus, das große
Interesse von Medien und Öffentlichkeit zu befriedigen. Der
NSU-Prozess oder das Hoeneß-Verfahren sind Beispiele dafür. Bei der
Videoübertragung in einen Nebenraum bestehen die hinsichtlich der
TV-Übertragung zitierten Gefahren gar nicht. Es wird einfach nur mehr
Menschen die Gelegenheit gegeben, den Prozess zu verfolgen.
Natürlich müsste es sich um eine statische Kamera handeln, die
nicht etwa einzelne Prozessbeteiligte "heranzoomt". Es würde nur das
Bild vermittelt, das sich den direkt im Gerichtssaal Anwesenden
bietet. Auch müsste sichergestellt werden, dass im Nebenraum
dieselben Regeln gelten: Kamera- und Tonaufnahmeverbot, damit die
Bilder nicht doch wieder im Fernsehen oder Internet landen. Eine
solche erweiterte Saalöffentlichkeit zu schaffen, stärkt das wichtige
Öffentlichkeitsprinzip der Prozessordnung - die Justiz muss es sich
gefallen lassen, dass ihr auf die Finger geschaut wird.
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Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
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