Neue Westfälische (Bielefeld): Ausländermaut und andere Fehltritte
Der Murks in der Politik
Alexandra Jacobson, Berlin
Geschrieben am 27-07-2014 |
Bielefeld (ots) - Politik folgt nicht immer der reinen Logik, denn
sie wird schließlich von Menschen gemacht. Manchmal mangelt es aber
auch schlicht an Vernunft. Oder am Willen, Fehler einzugestehen.
Gegenwärtig liefert Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt
reichlich Anschauungsunterricht. Er ackert wie blöd, um die Quadratur
des Kreises zu schaffen. Oder anders: die Pkw-Maut nur für Ausländer,
die also Inländer nicht zusätzlich belastet und gleichzeitig
Ausländer nicht diskriminiert, sprich europarechtskonform ausfällt.
Das ist Murks hoch zehn, und doch besteht die große Gefahr, dass
dieser Murks eines Tages im Gesetzblatt landet. Es wäre ja nicht das
erste Mal, dass Unfug Gesetzesform annimmt, weil eine Partei meint,
sich an ein verkorkstes Wahlkampfversprechen halten zu müssen. Den
ermäßigten Mehr-wertsteuersatz für Hotels gibt es immer noch, auch
wenn die Partei, die sich dafür starkgemacht hat, nicht mehr im
Bundestag vertreten ist. Vielleicht wäre es der FDP besser ergangen,
wenn sie 2010 schnell eine Kehrtwende und eine Korrektur eingeleitet
hätte. Nach dem Motto: Wir haben verstanden. Doch dazu kam es nicht.
Dass alle Parteien hin und wieder knallharten Klientelinteressen
nachgeben, schlägt sich ganz allgemein im kabarettreifen Reigen der
Mehrwertsteuer-Ausnahmen nieder, die die Politik im Lauf der Jahre
beschlossen hat. Ein paar Kostproben: Trüffel klingt nach Luxus.
Müsste also mit 19 Prozent besteuert werden. Weit gefehlt: Es gilt
der reduzierte Satz von 7 Prozent - bis auf die Trüffel, die in Essig
eingelegt sind. Fruchtsaft wird mit 19 Prozent versteuert - aber nur
der gepresste. Wird er püriert, gelten die 7 Prozent. Für den
Maulesel zahlt man 7, für den Hausesel 19 Prozent. Niemand und am
wenigsten der Bundesfinanzminister denkt daran, diesen Wahnsinn zu
ändern, weil er sich keinen Ärger mit den Lobbygruppen einhandeln
will. Als unvernünftig hat sich auch das Kooperationsverbot
herausgestellt, das 2006 im Zuge der Föderalismusreform verabschiedet
wurde. Der Bund sollte sich nicht mehr in die Uni- oder Schulpolitik
der Bundesländer einmischen dürfen. Das klang nach Freiheit, die
allerdings bald auf finanzielle Grenzen stieß. Heute wissen die
Bundesländer, dass sie in der Bildung ohne Zuwendung des Bundes die
erforderliche Qualität gar nicht leisten können. Der Druck der
Verhältnisse hat hier ein vorsichtiges Umdenken eingeleitet. Das
Kabinett der Großen Koalition hat jüngst beschlossen, zumindest für
die Förderung von überregional bedeutsamen Hochschuleinrichtungen das
Kooperationsverbot aufzuheben. Eher ein kleiner Schritt als ein
großer Wurf, aber schon darüber hat die Politik jahrelang gestritten.
Mit der Korrektur von einmal existierendem Murks ist es also so eine
Sache. Man sollte nicht darauf vertrauen, dass sie gelingt. Deshalb
wäre es schon besser, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Es wäre
also eine wirklich anerkennenswerte Tat dieser Großen Koalition, die
Ausländermaut ganz einfach zu stoppen. Ein solches Gesetzesvorhaben,
das nach ersten Schätzungen 30 Prozent Bürokratiekosten erzeugt,
sollte ganz schnell in der Versenkung verschwinden. Doch leider
spricht die Erfahrung dagegen. Irgendeinen Murks hat sich bisher noch
jede Bundesregierung geleistet. Ob Schwarz-Rot an dieser Maut auch
festhalten wird, wenn die Kosten die Einnahmen übersteigen? Man
sollte diese Möglichkeit nicht von vornherein ausschließen.
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Neue Westfälische
News Desk
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