Börsen-Zeitung: Die Großen lässt man laufen? Kommentar zur Causa Ecclestone von Bernd Wittkowski
Geschrieben am 05-08-2014 |
Frankfurt (ots) - Diese merkwürdigen Wesen namens "Landesbank"
muss man erst mal verstehen: Dass die LBBWs, BayernLBs & Co.
sozusagen Behörden und ihre Vorstandsmitglieder "Amtsträger" sind -
das lernt man schon hierzulande nicht in der Schule. Wie soll es erst
ein Formel-1-Boss kapieren? Zumal wenn der Mann vom
öffentlich-rechtlichen Geldhaus nicht auftritt, wie man sich einen
Bankbeamten vorstellt, sondern als Protzbanker. Juristische
Spitzfindigkeiten? Nein: gutes, altes deutsches Strafrecht. Nur passt
der gleichsam hoheitliche Status einer Sparkassenzentralbank, der
deren Bedienstete dem Begünstigtenkreis des Bestechungsparagraphen
334 des Strafgesetzbuchs (bis zu zehn Jahre Haft im besonders
schweren Fall) zuordnet, nicht mehr ganz zu den heutigen
Geschäftsmodellen dieser Institute.
Dem unter anderem wegen Bestechung angeklagten Bernie Ecclestone
erspart in erster Linie sein Nichtwissen von der
Amtsträgereigenschaft der BayernLB-Vorstände eine Fortsetzung des
schon dreieinhalb Monate dauernden Prozesses - und vor allem eine
womöglich durchaus spürbare Strafe samt damit verbundenen
geschäftlichen Konsequenzen. Die Zahlung der Auflage von 100 Mill.
Dollar als Preis der Verfahrenseinstellung sollte sich mittels
Sepa-Überweisung rechtzeitig bewerkstelligen lassen. Passenderweise
verfügt die Staatskasse über ein Konto bei der BayernLB.
Haben wir es nicht immer gewusst? "Die Kleinen hängt man, die
Großen lässt man laufen." "Klassenjustiz!" "Kapitulation vor dem
Mammon!" Solche Reflexe wird es auch in der Causa Ecclestone geben.
Oder, das wäre mal originell: "Bayern saniert seinen Haushalt auf
Kosten der Gerechtigkeit." Alles Humbug. Zunächst: Die Beweisaufnahme
hatte bis dato gezeigt, dass die Anklage arg wackelt. Eine
Verurteilung war unwahrscheinlich. Das wusste am Ende auch die
Staatsanwaltschaft.
Und exakt nach dem Muster dieses Prozesses werden in Deutschland
jährlich weit mehr als 100000 Verfahren eingestellt. Schon diese
Myriaden von Fällen widerlegen den Verdacht, hier würden Reiche
privilegiert. Die Voraussetzungen einer Einstellung sind eng und
einigermaßen klar definiert. Nur sind die Auflagen in aller Regel
nicht mit jenen in diesem Fall vergleichbar. Beim damaligen
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann waren es 2006 in Sachen Mannesmann
3,2 Mill. Euro, 2013 beim Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van
Elst 20000 Euro. Sie alle und Hunderttausende andere sind insoweit
unbescholten und nicht vorbestraft. Die Einstellung ist kein
Freispruch, aber auch kein Freikauf, egal ob der Angeklagte arm oder
reich ist.
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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