Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR
Islamischer Staat
Wiederkehr des Großproblems Irak
Knut Pries, Brüssel
Geschrieben am 17-08-2014 |
Bielefeld (ots) - Zu den verblüffendsten und beunruhigendsten
Aspekten des Aufstiegs der selbsternannten Gründer eines neuen
Kalifats gehört der Umstand, wie weit dies schaurige Gewächs gedeihen
konnte, bevor die Welt aufmerksam wurde. Eben noch radikales
Widerstandsgrüppchen in Assads Syrien, ist die ISIS (jetzt IS)
nunmehr eine der Schlüsselgrößen im Nahen Osten. Die Organisation
"Islamischer Staat" mutet in Auftreten und Brutalität mittelalterlich
an. In anderer Beziehung ist sie indes auf der Höhe der Zeit: Sie
verfügt über Strukturen (Polizei, Scharia-Justiz), nimmt Steuern und
Schutzgelder ein, besitzt Dämme, Ölquellen und Raffinerien, moderne
Waffen und Kommunikationstechnik und ein zusammenhängendes
Territorium, das mittlerweile den Nordosten Syriens und ein Drittel
des Iraks umfasst. Ein "Staat" wollen sie sein, und das ist mehr als
großsprecherischer Unsinn. Was die bärtigen Krieger des Kriegsfürsten
Al Bagh-dadi bislang auf die Beine gestellt haben, sieht gefestigter
aus als alles, was Taliban, El Kaida und andere Mitbewerber in Sachen
Superislamismus vorweisen können. Das macht die Aufgabe für ihre
Gegner im Westen so schwierig: Mit einem solchen Widersacher haben
sie es noch nicht zu tun gehabt. Die USA, die EU, Deutschland - sie
alle stehen vor einer strategischen Grundsatzfrage: Wie groß ist die
Gefahr, die von ISIS ausgeht, und was ist man bereit ihr
entgegenzusetzen? Die konfuse Debatte um Waffenlieferungen an die
Kurden ist womöglich nur der Vorgeschmack einer noch viel
unbequemeren politischen Bewährungsprobe - der Wiederkehr des
Problems Irak, das Obama und die Europäer so gern abgehakt hätten.
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