Westdeutsche Zeitung: Die SPD und die mangelnde Wählergunst =
von Stefan Vetter
Geschrieben am 24-08-2014 |
Düsseldorf (ots) - Mindestlohn eingetütet, die abschlagsfreie
Rente mit 63 ins Werk gesetzt, mehr Geld für Bildung und Forschung
locker gemacht und nach langem Stillstand die Energiewende
vorangetrieben. Kein Zweifel, die Zwischenbilanz der SPD kann sich
sehen lassen. Dieser Befund wird auch durch die Tatsache gestützt,
dass man in der Union darüber klagt, die eigene politische
Handschrift nur mit der Lupe entdecken zu können. Die Genossen
verstehen sich ja auch als Motor der großen Koalition - kommen aber
selbst nicht recht von der Stelle. In den Umfragen steckt die Partei
zwischen 25 und 26 Prozent fest. Wohlmeinend könnte man sagen, die
SPD hat bislang Wahlversprechen erfüllt, die etwa jedem vierten
Wähler wichtig waren. Und die halten den Sozialdemokraten weiter die
Stange. Für den Anspruch der Genossen, in einer künftigen
Bundesregierung endlich wieder selbst den Kanzler zu stellen, müssten
es freilich deutlich mehr werden. Mit den bisher umgesetzten
Schlüsselvorhaben haben die Sozialdemokraten weitgehend eine
Wunschliste der Gewerkschaften abgearbeitet und dabei auch frühere
Agenda-Beschlüsse korrigiert. Das mag die originäre Anhängerschaft
begeistern, lockt aber noch keinen Merkel-Fan hinter dem Ofen hervor.
Dabei muss die SPD in Unionsgefilde eindringen, denn nur so könnte
sie für sich entscheidend punkten. Parteichef Sigmar Gabriel versucht
das immerhin, indem er seiner Partei einen wirtschaftsfreundlicheren
Kurs verpassen will. Kürzlich hatte er sich sogar an die Spitze der
Steuererleichterungsdiskussion gesetzt. Da wurde die Abmilderung der
"kalten Progression" zu Gabriels Herzensanliegen. Auch außenpolitisch
droht der sozialdemokratische Motor ins Stottern zu geraten.
Einerseits will Gabriel alle Rüstungsexporte strenger als bisher
handhaben. Doch soll die SPD Waffenlieferungen in irakisches
Kriegsgebiet mittragen. So entsteht der Eindruck einer
180-Grad-Kehre, die die SPD in eine innerparteiliche Zerreißprobe
treiben kann. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird das politische
Geschäft für die SPD deutlich schwieriger werden. So bleibt der
Partei wohl nur die Hoffnung auf Schwächen der anderen. Auch Angela
Merkel ist nicht unfehlbar.
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