Westfalen-Blatt: zum Wahlausgang in Thüringen
Geschrieben am 15-09-2014 |
Bielefeld (ots) - Die SPD ist mal wieder nicht zu beneiden. Noch
lässt sie das schreckliche Thüringer Wahlergebnis von 12,4 Prozent
nach Luft schnappen. Da müsste sie eigentlich schon Atem holen, um
die CDU nach fast einem Vierteljahrhundert aus der Erfurter
Staatskanzlei zu pusten. Jedenfalls wähnt man diesen Anspruch bei
einer Partei mit ernsthaftem Gestaltungswillen. Doch die Thüringer
SPD ist so zerrissen, dass die Rolle des Königsmachers zur Unzeit
kommt. Wer in der Partei könnte denn derzeit die Erzählung unters
Volk bringen, die es braucht, um eine Entscheidung zu rechtfertigen?
Eher nach innen gewandt beim Votum für den freiwilligen Erhalt der
ewigen CDU-Regierung. Eher nach außen gewandt bei einer Entscheidung
für die Inthronisierung des ersten Linkspartei-Ministerpräsidenten.
Denn natürlich wäre das für viele ein Tabubruch - so wie es Kanzlerin
Angela Merkel bei einer Wahlkampfkundgebung sagte: »Da soll jetzt der
Karl Marx in die Staatskanzlei getragen werden. Das kann doch nicht
sein.« Die SED-Nachfolgepartei war zwar schon an mehreren rot-roten
Landesregierungen in den neuen Bundesländern und der Hauptstadt
Berlin beteiligt, aber eben immer als Juniorpartner. Diesmal müssten
die wenigen Sozialdemokraten jedoch den Mehrheitsbeschaffer für die
mehr als doppelt so zahlreichen Erben der Regimetreuen geben. Da kann
der Linkspartei-Spitzenmann Bodo Ramelow in Wirklichkeit ruhig
niedersächsisch-hessische statt real-sozialistischer Wurzeln haben:
Die Symbolik seiner Wahl taugte zum Skandal. Eine moralische Bürde,
die derzeit mächtiger scheint als die geschrumpfte Thüringer SPD. Das
wissen auch die politischen Gegner. Ministerpräsidentin Christine
Lieberknecht (CDU) könnte deshalb darauf setzen, dass es am Ende ohne
größeres Zutun von ihr auf die in Berlin wohl willkommene
schwarz-rote Harmonie hinausläuft. Doch sie sandte gestern zunächst
ein Signal an die Grünen, in deren Reihen ein ähnliches moralisches
Dilemma zu vermuten ist. Lieberknechts Angebot: Regierungsbeteiligung
für die Grünen ohne den Makel, die Linkspartei unterstützt zu haben.
Klingt plausibel, löste aber keine Begeisterung aus. Denn die Grünen
müssen annehmen, nicht wirklich gebraucht zu werden - was sich im
Regierungsalltag zu ihren Ungunsten auswirken könnte. Und im Übrigen
möchte das Wahlvolk Umfragen zufolge sowieso am liebsten eine Große
Koalition. Wenn man nach den drei Wahlen im Osten noch davon sprechen
möchte, was das Volk will - wo so wenige ihre Stimme abgaben. Die SPD
lässt deshalb bis zum Frühjahr einen Vorschlag zur Erhöhung der
Wahlbeteiligung erarbeiten. Von mehr Wahllokalen sprach
Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Eine klare politische Linie könnte
wohl auch helfen, meinen Wahlforscher. Noch so eine große Aufgabe für
eine verschreckte Thüringer SPD. Zum Glück gibt es da ja eine
Hintertür: den Entscheid der Mitglieder. Etwa 4500 hat die Partei in
Thüringen. An denen liegt es dann.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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