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Börsen-Zeitung: Schwieriges Miteinander, Kommentar zur Infrastrukturfinanzierung von Ulli Gericke

Geschrieben am 01-10-2014

Frankfurt (ots) - Banken wollen es, Versicherer streben danach und
auch Pensionskassen sind ganz heiß auf private
Infrastrukturfinanzierungen. Während sichere Staatsanleihen kaum noch
Rendite abwerfen, können mit der Finanzierung von Windparks,
Stromtrassen, Solaranlagen, digitalen oder auch analogen, sprich
realen Autobahnen noch ansehnliche Margen erzielt werden. Auf der
anderen Seite erwägt der Staat, der angesichts der Schuldenbremse
mehr denn je mit Investitionen in die Infrastruktur geizt, den
Schulterschluss mit privaten Geldgebern, um den Verfall von Straßen,
Brücken und Schulen aufzuhalten. Die Anlagenot von Investoren kommt
wie gerufen.

Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) zwischen armer
öffentlicher Hand und privaten Kapitalgebern sind nicht neu. Seit gut
20 Jahren gibt es A-Modelle für den privaten Autobahnausbau und
F-Modelle für Tunnel oder Brückenbauwerke - doch große Bedeutung hat
keines dieser ÖPP-Vorhaben je gehabt. Die F-Modelle sind nach zwei
gescheiterten Projekten in Rostock und Lübeck still gestorben. Von
sechs Autobahnprojekten sind nach einem Gutachten des
Bundesrechnungshofs fünf teurer geworden, als wenn sie der Staat
gleich selbst gebaut hätte. Es bleiben gut 200 Vorhaben in der
ÖPP-Projektdatenbank der vom Bund gegründeten ÖPP Deutschland AG, die
aber überwiegend Klein- und Kleinstprojekte auflistet mit
Investitionssummen von 3 Mill. Euro bis zu niedrigen dreistelligen
Millionenbeträgen. Verglichen mit vielen anderen Ländern ist
Deutschland eine ÖPP-Wüste.

Dreh- und Angelpunkt sind stets Streitigkeiten über die
Risikoverteilung, wenn irgendwo Probleme entstehen. Und die gibt es
auf dem Bau immer. Angesichts dieser Ausgangsbedingungen lauten erste
Überlegungen des Bundeswirtschaftsministeriums, dass Bund, Länder und
Kommunen künftig eine stärkere Rolle spielen sollen bei der Umsetzung
gemeinsamer Projekte, um die bisherigen ÖPP-Probleme zu umgehen. Das
ist aus Sicht des Staates nachvollziehbar, der nicht nachträglich
haften will, wenn sich der private Finanzpartner verkalkuliert hat
und die Segel streicht. Ob dies die Banken und Versicherungen ähnlich
sehen oder nicht der einfachen Überzeugung anhängen, nach der
bestimmt, wer zahlt, dürfte fraglich sein. Schwierige Verhandlungen
zwischen beiden Seiten sind absehbar, wobei unklar ist, ob die Träume
der Finanzindustrie von einer Welle hochrentierlicher
Infrastrukturinvestitionen realistisch sind. Es würde wohl kaum
jemanden überraschen, wenn die Partnerschaften weiterhin so zäh
verlaufen wie bislang ohnehin schon.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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