Lausitzer Rundschau: Lotto nur für Reiche
Bundesverfassungsgericht kippt Steuervorteile für Firmenerben
Geschrieben am 17-12-2014 |
Cottbus (ots) - Das gestrige Verfassungsgerichtsurteil wirft
erneut ein Schlaglicht auf eine Ungerechtigkeit ersten Ranges: die
Ausgestaltung der Erbschaftsteuer. Wenn von Werten im Umfang von
rund 240 Milliarden Euro, die jährlich in Deutschland an die nächste
Generation weitergegeben werden, der Staat nur rund 4,6 Milliarden
Steuern bekommt, also weniger als zwei Prozent, dann ist diese Steuer
falsch konstruiert. Bei den Betriebsvermögen hat Karlsruhe dies
konkret bemängelt. Zwar ist es völlig richtig, dass das Firmenerbe
nicht besteuert wird, wenn und solange die Firma weiterläuft. Nur
müssen diese Ausnahmen nicht so umfassend und so missbrauchsanfällig
sein wie derzeit. Da wurde, wie Karlsruhe gestern festgestellt hat,
allzu oft gemogelt bei der Lohnsumme, allzu wenig kontrolliert.
Steuerehrlichkeit muss für alle gelten, sonst wird sie von keinem
akzeptiert. Das Urteil ist eine Ohrfeige für die letzte Große
Koalition. Es ist unverständlich, dass die großen Volksparteien CDU
und SPD so gehandelt haben und darüber hinaus eine generelle Debatte
über die Erbschaftsteuer noch immer regelrecht tabuisieren. In ihrem
Minderheitenvotum haben es sogar drei Verfassungsrichter auf den
Punkt gebracht: Die Anhäufung immer größerer Vermögen bei immer
weniger Menschen gepaart mit einer niedrigen Erbschaftsteuer vertieft
die soziale Spaltung der Gesellschaft. Die Zahl der Kinder, denen
nicht nur glänzende Bildungswege in die Wiege gelegt werden, sondern
gleich auch noch Eigentumswohnungen, Aktienpakete und Firmenanteile,
wächst. Sie haben es schon geschafft, bevor sie begonnen haben.
Gerade eine Leistungsgesellschaft wie Deutschland sollte rationaler
vorgehen. Sie sollte leistungsloses Einkommen stärker und
Leistungseinkommen geringer besteuern. Dann müsste zum Beispiel die
Zinsabgeltungsteuer angehoben werden. Denn auch Zins- und
Aktienerträge sind Einkommen ohne eigene Leistung. Und ganz sicher
müsste die Erbschaftsteuer jenseits der Freibeträge, die das Haus und
mittlere Vermögen schützen, auf den gleichen Satz wie die
Abgeltungsteuer steigen. Denn es geht um den gleichen Sachverhalt.
Es bleibt immer noch ein riesiger, steuerfreier Rest. Im Gegenzug
könnte die Einkommensteuer, die die Aktiven der Gesellschaft zahlen,
kräftig gesenkt werden. Denn insgesamt braucht der Staat nicht mehr
Geld. Eine solche Umverteilung würde wirtschaftliche Dynamik
freisetzen. Das letzte Hemd hat keine Taschen. Gerade die reichen
Verstorbenen haben von der Gesellschaft profitiert, vom Bildungs- und
Sozialsystem, von der inneren Sicherheit. Die Gemeinschaft darf von
ihrem Erbe mehr als zwei Prozent erwarten, damit dieses System
weitergehen kann. Die These, das Erbe sei bereits besteuert und dürfe
deshalb beim Übergang auf die Nachfahren nicht ein zweites Mal
herangezogen werden, ist eine Verdrehung. Denn für den, der das Erbe
empfängt, ist es unversteuertes Einkommen, das er völlig ohne eigene
Leistung und ohne eigenes Risiko erhält. So wie einen Lottogewinn. Es
wird zum gesellschaftlichen Problem, wenn über das Verschenken und
Vererben immer größere Anteile des Volksvermögens zu einem
"Lottogewinn" umdeklariert werden und sich der Finanzierung des
Gemeinwesens entziehen. Und wenn nur eine bestimmte Schicht gewinnen
kann, während die andere arbeitet und Geld abdrückt. Die
Erbschaftsteuer in Deutschland ist derzeit Lotto nur für Reiche.
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Lausitzer Rundschau
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