(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Manfred Sauerer zu den Protesten gegen Pegida

Geschrieben am 23-12-2014

Regensburg (ots) - Das war mehr als ein schönes Zeichen, gerade
kurz vor Weihnachten. Die Kundgebungen in München und anderen Städten
gegen Rassismus und Hetze richteten sich entschlossen und intelligent
gegen die Dresdner Pegida. Diese gibt ja vor, das Abendland gegen
eine Islamisierung schützen zu müssen. Nichts hätte diesen
fremdenfeindlichen Ansatz nun schöner karikieren können als das
Transparent, das am Montagabend am Münchner Residenztheater hing:
"Gegen eine Idiotisierung des Abendlandes." Die Aktionen waren
letztlich auch Dank-Demonstrationen für all jene, die in den
vergangenen Monaten mitgeholfen haben, für die in Deutschland
ankommenden Flüchtlinge und Asylbewerber einigermaßen gute
Bedingungen zu schaffen. Das waren sehr viele Menschen, und
sicherlich hätten auch viele ihre Häuser und Wohnungen aufgemacht, um
etwa Familien aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufzunehmen. Aber
private Flüchtlingsaufnahme ist in Deutschland nicht möglich. Nach
dem 2. Weltkrieg war das anders. Und es hat geklappt. Die
Pegida-Organisatoren nutzen die bei vielen Deutschen latent
vorhandene Angst vor sozialem Abstieg. Zum Aufhetz-Repertoire gehören
massive Kritik an der Flüchtlings- und Asylpolitik der
Bundesregierung sowie aus dem Kontext gerissene Hinweise auf hohe
Kriminalität von Ausländern und soziales Schmarotzertum im Milieu der
Asylsuchenden. Mit den Ängsten der Menschen ließ sich eben schon
immer trefflich spielen. Nun kommt es darauf an, denen eine Stimme zu
geben, die auf die Kraft einer offenen, auf demokratische Werte
gegründeten Gesellschaft vertrauen und nicht in jeder sozialen
Problematik den Sündenbock im Milieu der Immigranten suchen. Ein
Anfang ist gemacht. Gut so! Es zeichnete sich nämlich ein schiefes
Bild des tatsächlichen Meinungsspektrums in Deutschland ab. Mit Blick
auf die Weihnachtsgeschichte darf man getrost behaupten, dass die
meisten Menschen Maria und Josef eine Herberge geben würden -
zumindest theoretisch. Eine Gefahr durch dieses arme Paar aus dem
Morgenland witterten wohl die wenigsten. Im Herbst 2014 waren aber
lange diejenigen deutlicher zu hören, die Jesu Eltern den Weg zu
unseren Türen schon im Grundsatz verbauen möchten. Der Gipfel des
Zynismus ist erreicht, wenn nach all der Hetze schließlich wie am
Montag in Dresden drei Weihnachtslieder gesungen werden. Die
christlichen Kirchen mit ihrem zentralen Anliegen der Liebe zu Gott
und den Menschen können da nicht schweigen. Und sie beginnen langsam,
sich mit dem Phänomen auseinanderzusetzen. Die Evangelische Kirche
Deutschlands nennt Pegida ob ihrer Intention unchristlich. Der
katholische Erzbischof Ludwig Schick aus Bamberg meint, Christen
dürften sich Pegida nicht anschließen. In den Reihen der
"Abendland-Schützer" herrschten Rassismus und Nationalismus. Dabei
würden Engagement und Solidarität gebraucht. Und mit Blick auf die
vermeintliche Gefahr durch den Islam ergänzt Schick: "Wir möchten,
dass alle Menschen ihren Glauben leben können." Regensburgs Oberhirte
Rudolf Voderholzer schließlich erinnert an die Willkommenskultur des
Abendlandes. Gerade jetzt, da die Geburt Christi gefeiert wird und
die vergebliche Herbergssuche seiner Eltern wieder deutlich erlebbar
wird, ist auch der richtige Zeitpunkt für den interreligiösen Dialog.
Papst, Bischöfe und Pfarrer müssen im Angesicht der Krippe die
friedliche Koexistenz der Religionen betonen. Allem Extremismus zum
Trotz. Dieser hat eh nur dort langfristig eine Chance, wo ihm
Gleichgültigkeit und Unaufgeklärtheit begegnen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

557993

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Streit um muslimische Lieder in Weihnachtsgottesdiensten Bielefeld (ots) - Wer ernsthaft fordert, muslimische Lieder in Weihnachtsgottesdiensten zu singen, braucht sich nicht zu wundern, dass die wirre »Pegida«-Schar immer mehr Zulauf erhält. Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. So auch hier. Niemandem ist mit sentimentaler Harmonieduseligkeit geholfen. In einer Demokratie gilt es, Unterschiede zu benennen und zuzulassen. Zwischen Christen und Muslimen, Juden und Atheisten. Man muss nicht gemeinsam singen, um sich gegenseitig zu respektieren. Dass die Politik auf den Vorschlag - mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Es wird enger Die Weltbevölkerung wächst zum Jahresende auf fast 7,3 Milliarden Cottbus (ots) - Es wird immer enger auf dem Planeten. Allerdings nicht in Europa. Das Wachstum der Weltbevölkerung auf 7,284 Milliarden Menschen bis zum Jahresende findet anderswo statt. Und zwar in Afrika, in den Entwicklungsländern. Dort, wo schon jetzt die Verteilungskämpfe groß sind und zum Teil kriegerisch geführt werden. Wo das Bedürfnis nach Nahrung, Bildung und Wohlstand stetig zunimmt. Und von wo aus bereits viele Flüchtlinge versuchen, nach Europa zu gelangen. Die gestern vorgestellten Zahlen der Stiftung Weltbevölkerung mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Mut zu träumen Weihnachtliche Wünsche: das andere Abendland Cottbus (ots) - Es ist Weihnachten, und es ist eine gute abendländische Tradition, dass man sich an Weihnachten etwas wünschen darf. Wie das Kind, das mit großen Augen auf die verpackten Geschenke schaut. Ach, so ein Kindskram. Wir leben doch in einer Erwachsenenwelt! Jedenfalls in einer Welt, die von Erwachsenen dominiert wird. Also lautet die große Frage: Wie naiv darf ein Erwachsener noch sein, um ernst genommen zu werden? Wie naiv war Martin Luther King, als er bekannte: "I have a dream!" Ich habe auch einen Traum. Ich träume mehr...

  • Weser-Kurier: zum NATO-Kurs der Ukraine: Bremen (ots) - "Miserabel waren die Erfahrungen der Ukraine in der Sowjetunion, doch auch als Mitglied der Gemeinschaft vermeintlich unabhängiger Staaten ging es ihr nicht viel besser: Die politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland blieb. Dabei gab es in der Phase von Glasnost und Perestroika doch Hoffnung und Vertrauen auf ein besseres, friedlicheres Osteuropa. 1994 beschloss die Regierung in Kiew, die vormals sowjetischen Atomwaffen in der Ukraine an Russland zu übergeben. Dann unterzeichnete man den Atomwaffensperrvertrag. mehr...

  • Jung/Hirte: Weihnachtsbotschaft leben und für Religionsfreiheit eintreten Weltweiter Gebetstag der Katholischen Kirche für verfolgte Christen Berlin (ots) - Am zweiten Weihnachtsfeiertag, dem 26. Dezember, gedenkt die katholische Kirche in einem weltweiten Gebetstag der verfolgten und bedrängten Christen. Dazu erklären der kirchen- und religionspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz Josef Jung, und der Vorsitzende des Stephanuskreises, Heribert Hirte: "Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wünscht allen ein gesegnetes und friedliches Weihnachtsfest! Doch wir wissen, dass nicht alle Christen ihre Religion frei leben und dieses Fest in Frieden begehen können. Daher mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht