Westfalen-Blatt: zu Satire
Geschrieben am 08-01-2015 |
Bielefeld (ots) - Satire tötet nicht, aber Satiriker werden
getötet. Wie jetzt in Paris. Wenige kurze Striche oder einige bissige
Sätze verdichten ein Thema zu einem prägnanten Bild oder nachdenklich
machenden Text. Sie prangern Allmachtsansprüche von Ideologien und
Religionen sowie die Eitelkeiten und kriminellen Energien von
Herrschern und Politikern an. Ja, sie ärgern und verletzen
diejenigen, die nur eine Meinung gelten lassen, die verblendet sind,
aber sie bringen diese Menschen nicht um. Umgekehrt haben die, die
zur Zielscheibe wurden, nicht das Recht, als Hinrichtungskommandos in
Redaktionsräume einzudringen. Wie sollten Journalisten, Zeichner und
Kabarettisten auf das Drama in der französischen Hauptstadt
reagieren? Sich einschüchtern zu lassen und künftig auf Karikaturen
zu verzichten, wäre genau das, was die Attentäter im Sinn hatten. Sie
wollen Angst verbreiten, kritische Geister mundtot machen. Zeitungs-
und Zeitschriftenverleger und die Redakteure, die für sie arbeiten,
haben die Aufgabe, in Wort und Bild zu einer freien Gesellschaft
beizutragen, in der es keine Denkverbote geben darf. Meinungsfreiheit
ist die Ader, durch die das Blut der Demokratie fließt. Satiren sind
kein Freifahrtschein für Beleidigungen, aber wichtig, um eben auch
auf den Missbrauch von Religion aufmerksam zu machen. Nicht nur der
Islam, auch Christen- und Judentum haben ein Problem damit, dass sie
karikiert werden, aber für alle gilt: In einer pluralistischen
Gesellschaft, in der es keine ewigen Wahrheiten gibt, müssen sie das
aushalten! Natürlich fällt es leichter, den Papst aufs Korn zu
nehmen, weil heute niemand mehr die Inquisition fürchten muss. Anders
beim Islam, für den selbsternannte »Gotteskrieger« ausschwärmen, die
doch nur Mörder sind. Die meisten seiner Kollegen würden kneifen,
bedauert Kabarettist Dieter Nuhr, der mutig religiöse Fanatiker
kritisiert. Karikaturen sind weit mehr als Zeichnungen: Sie zeugen
vom Mut derer, die sie angefertigt haben. In der NS-Zeit waren
Hitler-Witze lebensgefährlich. Satire tötet nicht, sondern hält
Unverzichtbares am Leben - die Demokratie.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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