Börsen-Zeitung: Schäuble im Glück, Kommentar zum Bundeshaushalt von Angela Wefers
Geschrieben am 13-01-2015 |
Frankfurt (ots) - Hans Eichel hat es vor ihm nicht geschafft und
auch nicht Peer Steinbrück. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
gelingt indes die Null im Bundeshaushalt - und dies schon
überraschend ein Jahr vor der Planung. Bereits im November hatte sich
abgezeichnet, dass der Bund die vom Parlament gebilligte
Nettokreditaufnahme von 6,5 Mrd. Euro nicht ganz benötigen würde. Die
gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage hat die Steuereinnahmen über
Plan steigen lassen, das niedrige Zinsniveau hat die Ausgaben unter
Plan gedrückt. Doch dass ein Jahr vor der Zeit die für 2015
angestrebte schwarze Null unter dem Strich steht, dazu hat auch Glück
verholfen: Die Nachzahlung der gerichtlich umstrittenen
Kernbrennstoffsteuer hat dem Bundesetat 2014 einen unerwarteten
Geldsegen beschert, den Schäuble erst nach dem Jahreswechsel erhofft
hatte.
Die neue Lage stellt den Minister vor neue Probleme. Die
unterwarteten Steuermittel aus 2014 fehlen Schäuble nun im
Bundeshaushalt 2015. Denn in der kameralistischen Haushaltsführung
lassen sich keine Reserven bilden: Zusätzliche Einnahmen drücken die
Kreditaufnahme oder fließen - wenn gar ein Überschuss entsteht - in
die Tilgung. Diese Mittel sind für die Disposition verloren und
lassen sich nicht über den Jahreswechsel hinüberretten. Zudem steht
Schäuble nun unter Druck, Kurs zu halten: 2015 muss er die
angekündigte schwarz Null auf jeden Fall wieder herzeigen, will er
politisch glaubwürdig bleiben. Er braucht sogar einen kleinen
Überschuss als Puffer. Eine Punktlandung anzustreben, könnte knapp
danebengehen.
Den Koalitionspartner SPD muss er dabei ebenso bremsen wie
überzogene Forderungen aus den eigenen politischen Reihen sowie
diejenigen aus dem Ausland, die den deutschen Konsolidierungskurs als
Konjunkturbremse einstufen. An den politischen Verhaltensmustern hat
sich noch wenig geändert: Kaum ist die Null da, löst diese
unmittelbar neue Begehrlichkeit nach zusätzlichen Investitionen aus.
So als läge neues Geld auf der hohen Kante.
Noch weniger passt zur Finanzlage, aus der einmaligen
"Sondereinnahme" Kernbrennstoffsteuer - dauerhafte -
Ausgabeerhöhungen beim Kindergeld oder Einnahmekürzungen durch
Steuersenkungen abzuleiten. Die Null ist kein Selbstläufer. Auch wenn
sie einmal erreicht ist, muss sie jedes Jahr wieder neu erarbeitet
werden. Dies gilt auch für Zeiten, in denen die Wirtschaft weniger
floriert und Zinsausgaben des Bundes das historische Tief verlassen
haben. Dazu gehört mehr als nur Glück.
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