Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Christine Strasser zu Pegida/Demos
Geschrieben am 18-01-2015 |
Regensburg (ots) - Die Sorge vor Terroranschlägen hat eine neue
Dimension erreicht. Dass die Polizei für heute alle Demonstrationen
in Dresden verboten hat, ist alarmierend. Wenn Bürger ihr Grundrecht,
sich unter freiem Himmel zu versammeln, nicht wahrnehmen können, ist
das ein gewaltiger Einschnitt in die Freiheitsrechte. Er muss
einmalig bleiben. Dass aber ausgerechnet Pegida die Absage benutzt,
um sich als Verteidiger des Grundgesetzes zu präsentieren, ist mehr
als grotesk. Von dem Verbot aller öffentlichen Veranstaltungen in
Dresden sind nicht nur die Pegida-Anhänger betroffen, sondern auch
die Gegendemonstranten. Trotzdem verbreiteten sich schon Minuten nach
dem Bekanntwerden der Absage auf den sozialen Netzwerken
Verschwörungstheorien, wonach die Terrordrohung vom Staat inszeniert
sei, um Pegida mundtot zu machen. Einem Staat, den viele
Pegida-Anhänger ganz offen ablehnen, wenn man sich die Kommentare auf
der Facebook-Seite von Pegida durchliest. Gemeinsamer Nenner zudem:
Die Politik tut nichts und das Volk äußert nur seine Meinung. "Wir
werden nicht ruhen, bis die Interessen des Volkes im Bundestag wieder
zur Geltung kommen", sagte die Pegida-Mitorganisatorin Kathrin Oertel
vor einer Woche in Dresden - ganz so als hätten die Interessen, die
jetzt im Bundestag zur Geltung kommen, nichts mit dem Volk zu tun.
Wer "das Volk" sein soll, erklärt Pegida nicht. Mehrere Redner haben
bei den Pegida-Demos in Dresden aber schon gesagt, dass sie "diese"
Demokratie nicht länger haben wollen. Aber welche dann? Wer bei den
Pegida-Demonstrationen mitläuft, muss sich bewusst sein, dass viele
der zentralen Köpfe der rechtsradikalen Szene zuzuordnen sind. Der
bayerische Verfassungsschutz machte unter den Bagida-Demonstranten in
München vor einer Woche mindestens 200 Neonazis aus, darunter
führende Köpfe der Szene. Mit Meinungsfreiheit oder dem Prinzip
Rechtsstaatlichkeit ist es in dieser Szene nicht weit her. Schon
lange kursieren im Internet Listen missliebiger Journalisten, aber
auch Richter oder Staatsanwälte. Der Blick in die sozialen Netzwerke
offenbart zudem, dass der Vorsatz von Pegida, nicht
ausländerfeindlich zu sein, entweder nicht funktioniert oder nur
vorgeschoben ist. Zwischen Muslimen und Islamisten wird nicht
unterschieden. Und es wird von Krieg gesprochen.
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Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
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