Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Griechenland und die EU
Stinkbomben-Gewitter
Knut Pries, Brüssel
Geschrieben am 29-01-2015 |
Bielefeld (ots) - Ein Bündnis der linken Syriza mit
Rechtspopulisten der Pegida-Sorte, demonstrative Verachtung für die
Sanierungsvorstellungen der Euro-Zone, öffentliche Distanzierung von
der gemeinsamen Linie gegen Putin-Russland - mit einem solchen
Stinkbomben-Gewitter hat sich noch keine Regierung in den Kreis der
europäischen Partner eingeführt. Das fällt umso unangenehmer auf, als
der Regierungswechsel in Athen auf europäischer Ebene durchaus
Sympathisanten hat. Selbst mancher Gegner einer linken Politik à la
Syriza brachte ein gewisses Verständnis auf. Die starken Sprüche
seien vorwiegend Wahlkampfrhetorik, Tsipras ein verkappter
Pragmatiker. Dieser Optimismus erhielt einen ersten Knacks, als der
Syriza-Chef sich für die Regierungsbildung ausgerechnet die dubiosen
"Unabhängigen Griechen" aussuchte, deren Vorsitzender Kammenos vor
antisemitischen Parolen nicht zurückschreckt. Besetzung und erste
Verlautbarungen aus dem Kabinett der "Hufeisenkoalition" (EP-Chef
Martin Schulz) lassen die EU-Rechtgläubigen das Schlimmste
befürchten: Privatisierungsstopp, Aufstockung des Beamtenapparats,
neue Sozialleistungen, Forderungen nach Schuldenerlass. Am meisten
verstört aber das demonstrative Ausscheren aus der Formation gegen
Putin. Dass Tsipras gute Beziehungen zum Kreml pflegt und die
westlichen Sanktionen für "schädlich" hält, war zwar bekannt. Aber in
welch ruppiger Form er die Geschlossenheit der EU aufkündigen würde,
war doch eine böse Überraschung. Ist das in erster Linie
Unerfahrenheit und Kraftmeierei? Oder doch wilde Entschlossenheit zum
Alleingang? Die Europäer tun gut daran, erst einmal ruhig Blut zu
bewahren und auf die groben Klötze aus Athen keine gleichen Keile zu
setzen. Schon kommen von dort die ersten Signale, man sei
"missverstanden" worden. Soll sein - man wird sehen. In der NATO
halten die Griechen in Sachen Russland bislang die Füße ruhig. Und
offensichtlich sind sie nicht grundsätzlich darauf aus, den
EU-Partnern die kalte Schulter zu zeigen: Am Mittwochabend kamen sie
einem Ersuchen Belgiens nach und überstellten einen
Terrorverdächtigen.
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