Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) Kopftuch-Urteil
Geschrieben am 29-03-2015 |
Bielefeld (ots) - Ziemlich geräuschlos hat das
Bundesverfassungsgericht das generelle Kopftuchverbot an öffentlichen
Schulen aufgehoben. Laut einer Emnid-Umfrage halten 53 Prozent der
Bundesbürger die Entscheidung für richtig. Die knappe Zustimmung ist
darauf zurückzuführen, dass mit einer überschaubaren Anzahl
muslimischer Lehrerinnen mit Kopftuch gerechnet wird.
Doch das Urteil ist in vielerlei Hinsicht von einiger Tragweite.
Das Kopftuchverbot, so die Karlsruher Richter, verstoße gegen die
staatliche Neutralitätspflicht sowie gegen die Grundrechte der
Religionsfreiheit und Gleichheit. Ein Spruch mit Folgen. Bayern muss
seine Landesverfassung ändern, in der bislang Artikel 135 garantiert,
dass Schüler nach christlichen Grundsätzen unterrichtet werden. Und
Nordrhein-Westfalen muss ein neues Schulgesetz beschließen, wobei die
rot-grüne Landesregierung das Urteil ausdrücklich begrüßt. Künftig
dürfen Lehrerinnen generell ein Kopftuch im Klassenraum tragen.
Untersagt wird es ihnen nur, wenn »eine hinreichend konkrete Gefahr
für den Schulfrieden« vorliegt. Wer soll das entscheiden? Etwa die
Schulkonferenz oder gar der Schulleiter im Alleingang?
Wenn etwas den Schulfrieden gefährdet, dann dieses Urteil. Denn
Schüler, Eltern und andere Lehrer müssen sich mehr oder weniger
radikalisieren, um den Schulfrieden konkret gefährdet zu sehen - wie
es die Verfassungsrichter formuliert haben. Die Leidtragenden sind
nicht nur muslimische Lehrerinnen, die von den Islamverbänden dazu
gedrängt werden dürften, selbst dann in der Schule Kopftuch zu
tragen, wenn sie das nicht wollen.
Muslimische Schülerinnen könnten von ihren Familien schon im
Kindesalter gedrängt werden, Kopftuch zu tragen - und so nichts
anderes kennenlernen als das rückständige Frauenbild des Islams. Was
sollen zum Beispiel Aleviten, deren Frauen ihr Haar in der Regel
nicht verbergen, von dem Urteil halten? Wollen sie ihre Kinder von
religiösen Sunnitinnen unterrichten lassen?
Die Konsequenzen des Urteils: Bekenntnisschulen in privater
Trägerschaft dürften noch mehr Zulauf erhalten und der Anteil
muslimischer Kinder an öffentlichen Schulen dürfte weiter steigen.
Das ist das Gegenteil von Integration und fördert die Spaltung der
Gesellschaft.
Das Urteil schadet der Integration von Muslimen in die westlichen
Gesellschaften. Es verlangt die Anpassung der nicht-muslimischen
Mehrheitsgesellschaft an den Islam. Was soll man nun denen sagen, die
von der Islamisierung des Abendlandes überzeugt sind? Das höchste
deutsche Gericht hat den Widerspruch nicht erklärt: Das Kruzifix muss
aus Schulen entfernt werden, wenn sich Schüler oder Eltern daran
stören, aber eine Lehrerin mit Kopftuch muss akzeptiert werden. Wer
soll das verstehen?
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
563900
weitere Artikel:
- Neue Westfälische (Bielefeld): Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst
Aus dem Lehrbuch
stefan schelp Bielefeld (ots) - Das kann sich sehen lassen: 2,1 Prozent mehr
Gehalt in diesem Jahr, weitere 2,3 Prozent mehr im kommenden Jahr -
das ist wohl das, was man einen kräftigen Schluck aus der Pulle
nennt. Noch besser: Angesichts der historisch niedrigen
Inflationsrate werden die Arbeitnehmer die Lohnerhöhung noch
deutlicher spüren als in vergangenen Jahren. Interessant ist auch,
dass von den Finanzministern der Länder die Ansage kommt, mit diesem
Abschluss könne man durchaus leben. Die einen bekommen mehr, die
anderen zahlen mehr und mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Mord an Höxteraner Fotografin Anja Niedringhaus
Wunsch entsprochen
Dirk-Ulrich Brüggemann Bielefeld (ots) - Das Oberste Gericht Afghanistans hat die
Todesstrafe gegen den Mörder der Fotojournalistin Anja Niedringhaus
aus Höxter in eine 20-jährige Haftstrafe umgewandelt. Der Polizist
hatte die 48-Jährige vor fast einem Jahr an einem Kontrollpunkt
erschossen. Mit dieser Änderung des Urteils haben die Kabuler Richter
in der Revisionsverhandlung auch einem Wunsch der Familie der
AP-Redakteurin entsprochen, die sich während des Prozesses bereits
gegen die drohende Verhängung der Todesstrafe für den Täter
ausgesprochen hatte mehr...
- Rheinische Post: Enttäuschte Lehrer
Kommentar Von Maximilian Plück Düsseldorf (ots) - Die Erwartungen der 200.000 angestellten
Lehrer, davon 40.000 allein in NRW, waren hoch. Vor den Verhandlungen
hatten alle Gewerkschaften sich betont solidarisch auf ihre Seite
gestellt. Nach langwierigen Vorbereitungen sollte es endlich etwas
werden mit der Eingruppierung analog zu den beamteten Kollegen.
Entsprechend angriffslustig trat die GEW auf. Doch während der
Verhandlungen kam es zu einem immer stärkeren verbalen Abrüsten. Am
Ende sprach Verdi-Chef Bsirske allenfalls noch von einem "Einstieg in
das Thema". mehr...
- Rheinische Post: Der Todesflug
und die Medien
Kommentar Von Michael Bröcker Düsseldorf (ots) - Sigmund Freud nannte es die Schicksalsfrage der
Menschheit, ob wir es schaffen, dem menschlichen Aggressionstrieb
Herr zu werden. Der Zorn und die Verachtung, die den Medien wegen
ihrer Berichterstattung zum Todesflug 4U 9525 vor allem im Internet
entgegenschlagen, dürfte Freuds These stützen. Nur Stunden nach der
Tragödie in den Alpen schlug die Trauer über die Opfer in Hass gegen
Journalisten um. Ohnmacht und Wut sind Zwillinge. Machen wir weiter
wie bisher? Nein. Medien schaffen nicht nur Öffentlichkeit. Sie mehr...
- Westfalenpost: Bürgerkrieg im Jemen Hagen (ots) - Das Schicksal der Menschen im ärmsten Land der
arabischen Welt ist der Arabischen Liga weiter herzlich egal. Was die
Organisation aufgeschreckt und ihre Absichtserklärung zur gemeinsamen
militärischen Eingreiftruppe ausgelöst hat, ist das Vordringen des
Iran auf die arabische Halbinsel - über die Unterstützung der
schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen. Die Lage in dem 1990
vereinigten, doch weiter gespaltenen Land ist kompliziert. Es geht um
Stammeskonflikte und Ressourcen, um einen Strippen ziehenden
Ex-Präsidenten und mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|